IOC-PräsidiumFasel lässt Oswald den Vortritt - vorläufig
IOC-Präsident Jacques Rogge tritt zurück. Der Schweizer Denis Oswald sondiert seine Wahlchancen fürs höchste Sportamt der Welt.

René Fasel oder Denis Oswald: Wird einer der beiden Schweizer der nächste IOC-Präsident? (Bilder: Keystone)
Wird erstmals ein Schweizer höchster Sportfunktionär der Welt? Theoretisch ist es tatsächlich möglich, dass beim 125. IOC-Kongress am 10. September im Hilton zu Buenos Aires ein Schweizer als Nachfolger des Belgiers Jacques Rogge (71) zum IOC-Präsident gewählt wird.
Kronfavorit ist jedoch der Deutsche Thomas Bach (60). Der Olympiasieger von 1976 (Fechten), Jurist und Lobbyist arbeitet so zielstrebig an seiner Kandidatur, als folge er einem Schlieffenplan. Aber die wahlberechtigten 135 IOC-Mitglieder suchen nach Alternativen zum teutonischen Ehrgeizling. Deshalb ist eine Kandidatur eines Schweizers nicht chancenlos. In Frage kommen die zwei IOC-Mitglieder Dr. René Fasel (63, Hockey-Weltpräsident und Präsident der olympischen Wintersportverbände) und Denis Oswald (66, ex-Präsident der Olympischen Sommersportarten und Ruder-Weltpräsident).
Beide können nicht kandidieren
Aber beide können nicht kandidieren. Das wäre eine sportpolitische Eselei sondergleichen. Also müssen sie sich einig werden, wer sich für eine Kandidatur einschreibt (bis zum 6. Juni). Beide weisen jegliche Ambitionen auf das Amt offiziell meilenweit von sich. Inoffiziell sieht es anders aus: Gewährsleute melden, dass beide gerne kandidieren würden.
Wie verlässliche Quellen berichten, haben sich der Zahnart aus Fribourg und der Advokat aus Neuenburg geeinigt: René Fasel lässt Denis Oswald den Vortritt. Die Abmachung ist hochheikel. Oswald habe Fasel erklärt, er wolle kandidieren, werde aber nur zur Wahl antreten, wenn er in den nächsten Wochen unter den 135 IOC-Mitgliedern mindestens 30 finden kann, die ihm unbedingte Gefolgschaft und die Stimme versprechen.
Verzicht bei zu wenig Gefolgsleuten
Wenn er diese «30 Gerechten» nicht finde, verzichte er zu Gunsten von Fasel auf eine Kandidatur. Es wird schwierig: Bloss zehn Gerechte unter Tausenden hätten einst gereicht, um Sodom und Gomorra vor dem Untergang zu retten. Man fand sie nicht. Und jetzt will Denis Oswald unter bloss 135 IOC-Mitgliedern sogar 30 Gerechte finden?
Damit zeichnet sich ab, dass am Ende vielleicht doch der schlaue Machiavellist Fasel zur Wahl antreten wird. Die Erfahrung lehrt: Sehr oft verliert, wer bei so hochheiklen sportpolitischen Wahlen zu früh seine Ambitionen verrät.