ImmobilienpreiseFluglärm wird überschätzt
Mit dem neuen Staatsvertrag wird der Fluglärm rund um Zürich zunehmen. Die Preise für Wohnraum vermag das nicht mehr zu drücken.

Fluglärm? Die Nähe zum Airport ist wichtiger. Swiss-Jet beim Landeanflug auf den Flughafen Kloten.
«Bei uns gibt es nur noch wenige Baulandreserven», sagt Martin Rüegg, Gemeindepräsident von Weisslingen. Die Gemeinde liegt im Zürcher Oberland, grob gesagt zwischen Illnau-Effretikon und Turbenthal, direkt in der Ost-Anflugroute zum Flughafen Zürich. Die Interessengemeinschaft der Ostgemeinden Flughafen Zürich-Kloten (IG Ost) hat dort schon lange viele Anhänger.
Dennoch halten sich die Boden- und Liegenschaftspreise in Weisslingen bis anhin für die Gemeinde auf hohem Niveau, wie Rüegg bestätigt. «Sie bewegen sich je nach Lage zwischen 600 und 800 Franken pro Quadratmeter.»
Drei Stunden früher Anflüge über Osten
Weisslingen ist als Wohnort attraktiv, das zeigt auch die Bevölkerungsentwicklung: In den letzten zehn Jahren ist die Einwohnerzahl von weniger als 3000 auf fast 3200 angestiegen. Für ein Einfamilienhaus zahlt man bis zu zwei Millionen Franken.
«Bis anhin hatte der Fluglärm tatsächlich nur wenig Einfluss auf die Immobilienpreise auf dem Land», sagt Evelyne Farner, Immobilienmaklerin aus Weisslingen, zur aktuellen Lage. Mit dem neuen Betriebssystem, bei dem die Jets ab 18 Uhr, also drei Stunden früher als bisher, über Osten anfliegen, könnte sich das ihrer Meinung nach ändern: «Nur schon die Aussichten auf mehr Fluglärm werden die Preise leicht drücken.»
Branche muss sich nicht fürchten
Von einem langfristigen Preiszerfall könne jedoch keine Rede sein, ist die Maklerin überzeugt: «Die neuen Flugzeuge verursachen weniger Lärm. Das macht das Wohnen in dieser Region attraktiv und lässt die Preise zu einem späteren Zeitpunkt wieder steigen.»
Noch stärker als die Landgemeinden werden die näher am Flughafen gelegenen Gemeinden wie Opfikon, Nürensdorf oder Rümlang den zunehmenden Fluglärm zu spüren bekommen. Die Immobilienbranche muss sich davor jedoch nicht fürchten. Der Fluglärm korrigiert die Immobilienpreise höchstens, lässt sie aber kaum sinken.
Positive Wirkung auf den Immobilienmarkt
«Es zeigt sich, dass der Fluglärm in wachsenden Regionen wie dem Grossraum Zürich nicht zwangsläufig zum Sinken der Immobilienpreise führt», sagt Ronny Haase, Direktor beim Beratungsunternehmen Wüest & Partner. «Der neue Staatsvertrag wird tendenziell den Effekt haben, dass die Preise nicht mehr so stark steigen, wie zuletzt», schränkt er ein. Dennoch gelte generell, dass der Flughafen als Wirtschaftsmotor eine positive Wirkung auf den Immobilienmarkt habe.
Auch Claudio Saputelli, Leiter Immobilien-Research bei der UBS, erwartet mit dem neuen Regime keine Verschlechterung auf dem Markt. «Die Flughafenproblematik hat im aktuellen Marktumfeld praktisch keinen Einfluss auf die Immobilienpreise», sagt er.
Preise werden eher steigen
Dort, wo nach einer Regime-Änderung Bewohner abwandern würden wie im Zürcher Stadtteil Schwamendingen würden andere wieder hinziehen. «Allgemein beobachten wir eine starke Nachfrage in der Region Zürich, die Immobilienpreise sind deshalb robust.»
Das sieht auch Ansgar Gmür, Direktor des Schweizerischen Hauseigentümerverbandes, so: «Die Preise rund um den Flughafen werden in der Tendenz auch mit dem neuen Staatsvertrag eher steigen.» Immobilien in den «Hotspots» in und um Zürich seien gefragt, weil sie nahe an der City und – nicht zuletzt – nahe am Flughafen liegen.