«Das Schwarze Loch der Weltwirtschaft»

Aktualisiert

So viel haben Superreiche«Das Schwarze Loch der Weltwirtschaft»

Weltweit bunkern Reiche bis zu 32 Billionen Dollar in Steueroasen – was der Wirtschaftsleistung von USA, China, Japan und Deutschland entspricht. Das ist nicht nur für Entwicklungsländer ein Problem.

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Nach wie vor die mit Abstand grössten Vermögensverwalter der Welt: Die beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse.

Nach wie vor die mit Abstand grössten Vermögensverwalter der Welt: Die beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse.

Die Reichen der Welt horten mindestens 21 Billionen Dollar (21 000 Milliarden) in Steueroasen. Dies geht aus einer am Sonntag veröffentlichten Untersuchung für die Organisation Tax Justice Network (Netzwerk für Steuergerechtigkeit) hervor. Studienautor James Henry, früher Chefökonom der Unternehmensberatung McKinsey, bezeichnete die dem Fiskus entzogenen Privatvermögen als «grosses Schwarzes Loch in der Weltwirtschaft».

Die astronomische Zahl sei zudem «konservativ geschätzt», wird Henry in der Studie zitiert. Tatsächlich könnten sich bis zu 32 Billionen Dollar auf ausländischen Konten befinden. Hinzu komme, dass nur Finanzvermögen, nicht aber Sachvermögen wie Immobilien, Goldbestände, Jachten und Rennpferde berücksichtigt wurden.

Bitterernste Zahlenspiele

21 Billionen Dollar – das ist so viel wie die USA und Japan, die grösste und drittgrösste Volkswirtschaft der Welt, in einem Jahr erwirtschaften. 32 Billionen Dollar entsprechen dem Bruttoinlandsprodukt der USA, China, Japan und Deutschland. Oder 64 Mal jenem der Schweiz.

Angenommen, diese Vermögen von 21 bis 32 Billionen Dollar erwirtschaften eine Rendite von 3 Prozent und diese würde zu 30 Prozent besteuert, dann würde daraus ein jährliches Steueraufkommen von 190 bis 280 Milliarden Dollar resultieren.

In Entwicklungsländern ist das Problem laut Henry besonders ausgeprägt: So haben die reichsten Bürger in 139 Entwicklungsländern von den 1970er Jahren bis 2010 nicht ausgewiesene Vermögen über schätzungsweise 7,3 bis 9,3 Billionen Dollar angehäuft.

Geld fehlt der Realwirtschaft

Diese Ansicht vertritt auch der emeritierte Wirtschaftsprofessor Walter Wittmann: «Die Banken führen diese Vermögen primär der Finanzindustrie zu, weil sie vor allem in Anleihen und Aktien investieren. Der Realwirtschaft hingegen wird Kapital entzogen», sagt er auf Anfrage. Für die Schweiz sei das kein Problem, weil sie genug eigene Mittel erwirtschafte. Aber Entwicklungsländer treffe dies hart, so Wittmann. Dasselbe gelte für Euro-Länder wie Spanien und Griechenland.

Laut der Studie verwalteten Ende 2010 allein die grössten 50 Privatbanken über 12 Billionen Dollar an Offshore-Vermögen. 2005 waren es noch 5,4 Billionen gewesen. Das entspricht einer jährlichen Zuwachsrate von 16 Prozent. Die mit Abstand grössten Privatbanken der Welt sind nach wie vor die UBS und die CS.

Tax Justice Network

Das Tax Justice Network ist eine Nichtregierungsorganisation, die sich den weltweiten Kampf gegen die Steuerflucht auf die Fahnen geschrieben hat. Die Studie verwendet Daten der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Vereinten Nationen und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Untersucht werden nur Finanzvermögen.

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