Nationalrat hält an Verbot fest

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ParallelimporteNationalrat hält an Verbot fest

Parallelimporte sollen verboten bleiben. Der Nationalrat ist am Donnerstag mit 93 zu 88 Stimmen bei 14 Enthaltungen dem Bundesrat gefolgt, der Einfuhren am offiziellen Vertriebskanal vorbei strikt ablehnt.

Damit setzten sich SVP und FDP mit Unterstützung eines Teil der CVP durch. Die Wirtschaftskommission (WAK) des Nationalrates hatte vorgeschlagen, Parallelimporte aus Europa zuzulassen, und mit 15 zu 9 Stimmen beantragt, die so genannte euro-regionale Erschöpfung von Patenten ins Patentgesetz zu schreiben.

Monopolrenten ausschalten

Die Kommissionsmehrheit versprach sich von diesem Systemwechsel, der auch für Medikamente gelten sollte, einen Beitrag zur Senkung der hohen Preise in der Schweiz, wie Kommissionssprecherin Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) sagte. Parallelimporte würden den Wettbewerb beleben und Monopolrenten ausschalten.

Mit der euro-regionalen Erschöpfung würden die Eigentumsrechte der Patentinhaber nicht geschmälert, sagte Leutenegger Oberholzer. Patentschutz sei nicht Preisschutz. Das Patentrecht schütze Innovationen, nicht aber Vertriebswege. Der Forschungsstandort und die Medikamentensicherheit würden nicht gefährdet.

Es sei nicht einzusehen, weshalb die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz für das gleiche patentgeschützte Produkt mehr bezahlen müssten als im benachbarten Ausland, sagte Alec von Graffenried (Grüne/Bern). Deshalb sollte Importeuren erlaubt werden, dort einzukaufen, wo die Güter am billigsten seien.

Keine Preissenkungen

Für Georges Theiler (FDP/LU) müssen der Innovationsschutz und die Eigentumsgarantie höher bewertet werden als der Wunsch nach tieferen Preisen. Es gehe ohnehin nur um einen Betrag von schätzungsweise 200 Millionen Franken pro Jahr. Der Forschungsplatz Schweiz dürfe nicht verunsichert werden.

Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf erklärte, die Schweiz sei nicht wegen des Patentrechts eine Hochpreisinsel. Ein Systemwechsel würde nicht für tiefere Preise sorgen. Der Importhandel würde die «Innovationsprämie» des Patentschutzes abschöpfen, ohne in Forschung und Entwicklung investiert zu haben.

Das Verbot von Parallelimporten habe keine preistreibende Wirkung, sagte Widmer-Schlumpf. Patente schützten nicht vor Konkurrenz durch austauschbare Produkte. Patentinhaber könnten keine Monopolpreise durchsetzen. Die neuen Kompetenzen der Wettbewerbskommission (Weko) im Kartellrecht seien denn auch noch nie angerufen worden.

Keine Lex Pharma

Der Bundesrat wolle dafür sorgen, dass mit Neupatentierung geringfügiger Art Importe verunmöglicht würden, sagte Widmer- Schlumpf. Der Patentinhaber müsse vor Gericht nachweisen, dass ihm eine echte Innovation gelungen sei. Die euro-regionale Erschöpfung brächte der Schweiz zudem Probleme mit der WTO.

Nach dem Entscheid gegen einen Systemwechsel entfielen Anträge, die Medikamente, deren Preis staatlich festgelegt wird, speziell zu schützen (»Lex Pharma» von CVP-Präsident Christophe Darbellay). In der Gesamtabstimmung passierte die Patentgesetzrevision mit 104 zu 67 Stimmen bei 20 Enthaltungen. Sie geht an den Ständerat. (sda)

Was sind Parallelimporte?

Der Preis einer Ware kann von Land zu Land verschieden hoch sein. Je grösser solche Preisdifferenzen zwischen einzelnen Ländern sind, desto eher besteht für einen Händler ein Anreiz, diesen Preisunterschied zu nutzen und die Ware in einem Niedrigpreisland in grossen Mengen einzukaufen, um sie anschliessend in ein Hochpreisland zu importieren und dort zu verkaufen. Dabei konkurrieren solche Importe mit den Waren, die den Markt auf dem vom Hersteller vorgesehenen Vertriebsweg erreichen.

Beispiel: Die Firma X stellt Markenjeans her und verkauft diese teuer in der Schweiz und billig in Deutschland. Detailhändler Z kauft solche Jeans in Deutschland massenhaft auf und verkauft sie in der Schweiz, und zwar billiger als die Firma X.

Eine wichtige Rolle beim Problem der Parallelimporte spielt die patentrechtliche Erschöpfung. Der Begriff der «Erschöpfung» stammt aus dem Immaterialgüterrecht, und er umschreibt das exklusive Recht des Produkteinhabers zu bestimmen, zu welchem Zeitpunkt, in welchem Land, in welcher Art und zu welchem Preis er sein Produkt auf den Markt bringen will. Sobald der Inhaber dieses Recht ausgeübt und sein Produkt zum ersten Mal in Verkehr gebracht hat, sind seine Rechte an dem jeweiligen Produkt verbraucht oder eben «erschöpft».

Dabei wird zwischen drei Systemen unterschieden:

Bei der nationalen Erschöpfung kann der Inhaber eines betroffenen Produkts nicht verhindern, dass dieses im Inland gehandelt wird, sobald er es dort in Verkehr gebracht hat. Parallelimporte aus dem Ausland sind aber nur mit der Zustimmung des Schutzrechtinhabers möglich.

Bei der internationalen Erschöpfung kann der Inhaber des Schutzrechts nicht verhindern, dass sein Produkt importiert wird, sobald er für einen Verkauf im Ausland seine Zustimmung gegeben hat. Parallelimporte sind in diesem Fall also möglich.

Die regionale Erschöpfung bezieht sich auf Staaten eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes, etwa die EU oder den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Hat der Patentinhaber sein Produkt also dort einmal in Verkehr gebracht, kann er nicht mehr länger bestimmen, wie, wo und wann das Produkt innerhalb dieses Raums gehandelt wird. Parallelimporte - also etwa innerhalb der EU oder des EWR - werden also möglich. Ausserhalb der genannten Wirtschaftsräume braucht es dafür aber nach wie vor die Zustimmung des Schutzrechtinhabers.

In der Schweiz gilt im Patentrecht das Prinzip der nationalen Erschöpfung, im Markenrecht das Prinzip der internationalen Erschöpfung.

(Quelle: AP/EVD)

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