Video: Das Supergroupie packt aus
Sie lebte den Traum einer Generation: Sex, Drugs and Rock'n'Roll – niemand brachte das besser auf einen Nenner als Top-Model Uschi Obermaier.
Mit dem Autor Olaf Kraemer hat das 60er-Jahre-Groupie Uschi Obermaier die Autobiografie «High Times -Mein wildes Leben» verfasst. Das Werk wurde unter dem Titel «Das wilde Leben» mit Natalia Avelon in der Hauptrolle verfilmt und läuft ab nächster Woche in den Kinos.
Für die bürgerliche Welt der 60er Jahre war ihr Leben ein einziger Skandal: freie Liebe, das unkonventionelle Leben in der sagenumwobenen Kommune I, Drogen und wilde Parties mit Rockstars empfanden viele Deutsche als Inbegriff der Dekadenz. Für Uschi Obermaier war jedoch genau das erstrebenswert.
Wie kaum eine andere junge Frau vor ihr erfüllte sich die lebenshungrige Fotoretuscheurin aus München ihre Jungmädchenträume, wurde Top-Model, Geliebte von Mick Jagger, Keith Richards und Jimi Hendrix und zur Stilikone ihrer Zeit.
Sniffen und Ficken
«Ich sehe sie so ein bisschen, wie eine Vorläuferin von Kate Moss, weil die sich auch nicht kaufen lässt und millionenschwere Werbeverträge aufs Spiel setzt, um ihren Rock'n-Roll-Lifestyle zu leben», sagt Kraemer, dem Obermaier in seinem damaligen Wohnort in Hollywood monatelang ihre Erlebnisse erzählt hatte.
So wie die heutige Stilikone war auch Obermaier heroinsüchtig. «Nur wenn ich einen Job hatte, nahm ich ein paar Tage vorher nichts», schildert sie die Zeit, als sie im Hamburger Kiez mit Dieter Bockhorn, dem selbsternannten Prinzen von Sankt Pauli, immer tiefer in ein Milieu aus Drogen, Sex und Gewalt abrutschte.
Zu banal und zu hart
Doch wer sich schillernde Erlebnisse erhofft wird enttäuscht. Statt Glamour und Zeitgeschichte bietet das Buch vor allem erschreckend viele Banalitäten, die man lieber nicht lesen will.
Sätze wie «Sollte der sich da ausficken. Ich wusste ja, lange konnte das nicht dauern», werden auch nicht dadurch interessanter, dass sie aus dem hübschen Mund einer ehemaligen Stilikone kommen.
Selbst Obermaier, die inzwischen nahe Los Angeles als Schmuckdesignerin lebt, war geschockt, als Kraemer ihr 1992 die monatelangen Interviews als Manuskript präsentierte. «Uschi hat von sich aus gesagt, dass ist mir viel zu hart», erzählt Kraemer.
Auch viele Verlage lehnten das Buchprojekt ab. Erst als der Heyne Verlag Interesse signalisierte, lenkte Obermaier ein. Dass das Buch gerade jetzt erscheint, hält Kraemer nicht für Zufall. «Die Leute sind spiessiger geworden», glaubt er, und sehnten sich deshalb nach den aufregenden 1960er Jahren.
LSD und Pornodreh
Zu den interessanteren Passagen in «High Times» zählen Obermaiers Erlebnisse mit Rainer Langhans in der legendären Kommune I in Berlin, in die sie 1968 gezogen war.
Im Buch entzaubert sie den Mythos der Studentenwohngemeinschaft, die mit freier Liebe und Nacktfotos für Furore gesorgt hatte: «Kunzelmann und seine Leute wurden vor unseren Augen zu Junkies und zur selben Zeit immer militanter», notierte sie, bevor sie mit Langhans in München die Highfish-Kommune gründete mit durchgestylten Zimmern, LSD, Happenings und Pornodrehs.
Kaviar zum Frühstück
Am exzessivsten lebte sie mit den Rolling Stones. «Frühstück bestand immer aus Kaviar und Champagner - in meinem Fall Apfelsaft, einer Linie Heroin und einem Joint», erinnert sie sich.
Einen besonderen Kick verspürte sie, wenn sie nach einem Konzert alle in Limousinen durch die Stadt zur nächsten Party brausten. «Ich war die Rock'n'Roll-Präsidentenfrau und fühlte mich total on top of the world.»
Und doch wollte sie nicht als lebenslanger Groupie enden und erteilte dem verliebten Keith eine Absage. Sie wolle das Leben «direkt am eigenen Leib» erfahren «und nicht durch die Stones, zu deren Existenz ich nichts beitragen konnte, ausser Joints zu rollen».
Uschi Obermaier, Olaf Kraemer, «High Times - Mein wildes Leben, Wilhelm Heyne Verlag, München 2007, 224 Seiten, Fr. 25.30.
(sda)