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Interview«Ich kann mir nicht vorstellen, wirklich berühmt zu sein»

Tom Sturridge ist wie der nette Junge von nebenan. Warum bloss hat er beim Schauspielen mehr Erfolg als in der Liebe?

von
Nuria Furrer

Tom Sturridge ist süss, sehr süss. Seine verwuschelten und etwas öligen Haare versteckt er unter einem Cap, er hat sich im Hotel gerade eine Massage gegönnt, was ihm fast ein bisschen peinlich ist. Der 23-Jährige lächelt verschmitzt wie der Junge von nebenan. Auch wenn er in einer Suite im Baur au Lac residiert und in seiner Heimat Grossbritannien bereits als the next big thing gehandelt wird. Wenn man ihn sieht, möchte man mit ihm abhängen, ein Bier trinken und guten Sound hören.

Tom Sturridge spielt in «The Boat That Rocked» den Teenager Karl, dessen Mutter ihn auf ein Boot schickt, wo ein paar angefressene DJs einen Piratensender betreiben. Auf Karl warten Spass, Sex, Drogen und jede Menge Rock'n'Roll.

Friday: Tom, der Soundtrack von «The Boat That Rocked» rockt wirklich! Hat dich der Sixties-Sound in deinem Musikgeschmack beeinflusst?

Tom Sturridge: Für mich waren die Rolling Stones, Otis Redding oder Van Morrison schon immer die Grössten. Ich bin mit diesem Sound aufgewachsen. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht Van Morrison höre. Diese Jungs haben meine volle Bewunderung, denn ohne sie gäbe es die Musik von heute nicht.

Gefällt dir der Modestil der Sechziger genauso gut wie die Musik?

Schau mich mal an (lacht)! Mode interessiert mich nicht, ich shoppe nie. Das Hemd gehört einem Freund, das T-Shirt hat der Freund meiner Schwester gemacht und die Schuhe, na ja, das siehst du ja (zeigt auf seine abgetragenen Nikes).

Der Film ist zum Totlachen. Hattet ihr auch so viel Spass beim Drehen?

Absolut! Da wir ständig von drei Kameras gefilmt wurden, ist jeder gemachte Witz im Film zu sehen, wir haben viel improvisiert und viel gelacht.

Du musstest mehrmals vorsprechen, um die Rolle zu kriegen. Wie hast du den Regisseur Richard Curtis schliesslich überzeugt?

Ich weiss nicht, er hatte wohl einen schlechten Tag (lacht). Ich wollte diese Rolle unbedingt, weil ich mit Richard Curtis und all den grossen Schauspielern wie Philip Seymour Hoffman, Kenneth Branagh und Emma Thompson einen Film drehen wollte. Ich bin stolz, dass es geklappt hat! Zudem brauchte ich dringend einen Job.

Eigentlich wollte Tom ja Strohdachdecker werden. Die typisch englischen Strohdächer faszinierten ihn schon als Knirps: «Meine Mutter musste immer anhalten, wenn wir an einem Haus mit einem solchen Dach vorbeifuhren. Eines Tages werde ich den Beruf noch lernen.» Schauspieler wollte der Sohn des Produzenten Charles Sturridge und der Schauspielerin Phoebe Nicholls jedenfalls nie werden. «Aus Rebellion», wie er sagt. Dass er trotzdem beim Film gelandet ist, war reiner Zufall. Mit siebzehn fragte ihn der Regisseur István Szabó für eine kleine Rolle in der Komödie «Being Julia» mit Annette Bening an. Tom sagte zu, weil er den Regisseur sehr interessant fand und merkte: Hey, Schauspieler sein ist cool, da ist man frei.

Welche Stars haben dich für deine Schauspielerei inspiriert?

Keine Stars, sondern eher so kleine Alltagsmomente. Zum Beispiel wenn ein Mädchen meinen Ellbogen streifte oder mir ein Freund auf der Gitarre vorspielte.

Wie zum Beispiel dein bester Freund, der «Twilight»-Star Robert Pattinson? Ihr habt ja zusammen in London gewohnt. Wie war das?

Das war 'ne tolle Zeit. Wir hatten ein ganz normales WG-Leben, haben unsere Kleider getauscht, über Frauen geredet und uns über den Abwasch gestritten.

Rob und Tom, ein Dreamteam für die Frauenwelt. Was passiert eigentlich, wenn ihr zusammen einen Club rockt?

Ich habe noch nie im Leben in einem Club abgerockt. Wir gehen eher in Bars und Pubs. Und dann ist es ganz normal: Zwei Jungs gehen ein Bier trinken und quatschen Blödsinn.

Ihr werdet nicht von kreischenden Groupies umzingelt?

Nein, zum Glück nicht! Rob ist vor allem in Amerika bekannt. Und mich erkennt in London im Moment noch kaum jemand auf der Strasse.

Das wird sich mit «The Boat That Rocked» bestimmt ändern. Kein bisschen Muffensausen vor dem Berühmtsein?

Ich kann mir ehrlich nicht vorstellen, wirklich berühmt zu sein. Angst habe ich also nicht. Trotzdem hab ich bei Rob gesehen, dass es nicht lustig ist, wenn dich Paparazzi belagern. Mir gefällt es, dass ich unerkannt durch Londons Strassen laufen kann.

Mit deiner Freundin an der Hand ...?

Ich habe keine Freundin. Aber ich hätte gern eine. Wenn irgendein Schweizer Mädchen Interesse hat, soll sie sich bei mir melden.

Ist es so schwierig mit den Londoner Mädchen?

Es ist doch allgemein schwierig mit der Liebe. Oder wie viele Lieben hattest du schon in deinem Leben?

Zwei. Aber du warst doch bestimmt auch schon verliebt?

Erst einmal. Wenn ich meine grosse Liebe finde, baue ich uns ein Haus mit einem Strohdach.

«The Boat That Rocked»

Vorneweg: Diesen Film von «Love Actually»-Regisseur Richard Curtis muss man gesehen haben. Drei Gründe: genialer Soundtrack, inspirierender Style und Witze zum Kaputtlachen. Die Story: die wilden Sechziger — britischer Pop verändert die Welt. Aber auf der Insel strahlt das staatliche Radio nur zwei Stunden Popmusik pro Woche aus. Ein Haufen Radiorebellen (u.a. Rhys Ifans, Philip Seymour Hoffman) will mehr: Illegal legen die DJs des Piratensenders Radio Rock mitten in der Nordsee ihre Platten für eine riesige Fangemeinde auf. Darunter Karl (Tom Sturridge), der von den Radiohelden die wichtigsten Lektionen übers Leben lernt: Liebe, Freundschaft, Sex und Rock’n’Roll. Jetzt im Kino.

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