Mickey wird böse

Aktualisiert

Alles neu bei Disney?Mickey wird böse

Kaum zu glauben: Nach über 75 Jahren schier unerträglicher Bravheit darf die Gallionsfigur des Disney-Konzerns – Mickey Mouse höchstpersönlich – endlich mal Zähne zeigen.

Anscheinend merkt der Konzern, dass die Figur, gerade weil sie eine so tadellose Moral an den Tag legt, mittlerweile ein gehöriges Imageproblem hat. (Oder war es nur Mickeys Nähe zu Michael Jackson?) Jedenfalls lassen sich Produkte mit Mickey-Mouse-Branding immer weniger gut verkaufen. Herr Mouse muss sich neu erfinden.

Den Anfang damit macht die Maus in der eher wertefreien Welt der Videospiele. Im Wii-Game «Epic Mickey», das ab 2010 verkauft wird, wandelt der Mäuserich in einer düsteren Welt voller ehemaliger Cartoonberühmtheiten von Disney (darunter auch Oswald der Hase, der in den 30er-Jahren ein Vorläufer von Mickey war). Interessant dabei ist, dass Mickey selbst schuld daran ist, dass die Spielewelt so düster ist. Deshalb möchte er auch seinen Fehler wiedergutmachen. Spieler können direkten Einfluss auf die Welt nehmen, indem sie Farbe auftragen oder entfernen. Dabei können sie entscheiden, ob Mickey brav wie eh und je vorgehen soll oder sich eher verschlagen und gerissen verhält. Auch Kämpfe soll es geben - wie das alles im Detail funktioniert, ist noch nicht klar.

Game-Erschaffer Warren Spector sagte, er habe Mickey «zumindest die Chance geben wollen, böse zu sein». Vermutlich ist dabei eine Annäherung an den Ur-Mickey von «Steamboat Willie» von 1928 gemeint, der eine Katze am Schwanz herumschleudert und eine Gans als Dudelsack benutzt. Denn, wie etliche Kommentatoren feststellten, war es just Mickeys ursprünglicher Erfolg, der ihn zum Streber werden liess: Besorgte Schullehrer und Elternverbände machten Druck aufs Disney-Konzern, die Cartoon-Maus doch bitte sehr etwas vorbildlicher werden zu lassen. Mickey mimte zunehmend den besorgten Betreuer der chaotischeren Mitglieder des Disney-Pantheons.

Und so wurde der Wüterich Donald Duck zur beliebtesten Disney-Figur aller Zeiten. Wer ab und zu mal ausrastet, ist eben menschlicher.

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