Katy Perry vs Scharia«Erkennen Sie den Unterschied?» auf Arabisch
Sieht man zu viel Haut, kommt der Marker-Mann von der Religionspolizei: In Saudi-Arabien werden Fotos von Frauen auf Konsumgütern routinemässig überpinselt. Die aufwändige Retouchierung des aktuellen Katy-Perry-Albums stellt aber einen neuen Höhepunkt saudischer Moralhütung dar.
Darstellungen von blanken weiblichen Körperteilen sind in Saudi-Arabien verboten. Nun sind aber westliche Konsumgüter, die die Einheimischen erwerben, mit einer Fülle nackter Arme, Beine, Taillen und Decolletés verziert. Ein Dilemma, das einfach gelöst wird: Entsprechende Stellen werden einfach anständig gezeichnet. Das jüngste Schwarzmaler-Opfer ist Popstar Katy Perry.
Die 57-jährige US-Bloggerin «Susie of Arabia» zog vor gut zwei Jahren mit ihrem saudischen Ehemann nach Dschidda. Wiederholt hat sie in ihrem Blog «Susie's Big Adventure» das Thema Zensur thematisiert – mit dem Resultat, dass ihr Blog Ende Mai für saudische User ebenfalls zensuriert wurde.
Der Mensch bleibt fehlbar
«Zensur erfreut sich weiterhin bester Gesundheit hier in Saudi-Arabien», schreibt Susie, «die Moralität der Bürger ist von äusserster Wichtigkeit, weshalb überall Massnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass Leute sich makellos verhalten. Dies obwohl – allen Bemühungen zum Trotz – der Mensch trotzdem fehlbar bleibt.»
Fehlbar in dem Sinne, dass es manche Bürger des Königtums auch nach westlicher Popmusik gelüstet. So auch Susies 16-jährigen Sohn, der sich jüngst die aktuelle CD von Katy Perry erstand. «Als wir zuhause die CD auspackten, waren wir beide erstaunt. Sie war nicht mehr original eingeschweisst, sondern hatte eine neue Plastik-Verpackung bekommen.» Und siehe da: Für das Albumcover bekam die kesse Katy Hosen und ein Oberteil mit Ärmeln verpasst. Doch nicht nur das: Auch das Booklet und die Albumhinterseite wurden zensiert.
«Welch höchste Opfer diese edlen Männer auf sich nehmen!»
Schweinefleisch in jeglicher Form ist in Saudi-Arabien verboten – wie auch Pornografie, weshalb Fotos von Frauen in Büchern, Magazinen und unverpackten Produkten routinemässig mit dicken schwarzen Markern überpinselt werden, falls zu viel nackte Haut zu sehen ist. Die aufwändige Retouchierung der Katy-Perry-CD stellt aber einen neuen Höhepunkt saudischer Moralhütung dar.
Wir alle wissen, wie mühsam die Entfernung einer Zellophanverpackung einer CD sein kann. Und wer schon mal den CD-Tray und Inlay ersetzen musste, kennt die Fuchtelei, die damit verbunden ist. «Es läuft also darauf hinaus», so Susie, «dass die saudische Regierung tatsächlich Mitglieder der 'Kommission für die Förderung der Tugend und der Verhinderung des Lasters' dafür bezahlt, zig-welche CD-Plastikverpackungen zu entfernen, Booklets und Inlay-Cards rauszunehmen und darauf Frauenfleisch akribisch mit einem Marker zu übermalen. […] Diese armen Männer haben die monumentale Aufgabe bekommen, in alltäglichen Dingern eine sexuelle Konnotation zu suchen und Unschuld in Schund zu verwandeln. Welch höchste Opfer diese edlen Männer auf sich nehmen, der Würde des saudischen Mannes zuliebe!»
Interessanterweise haben die Moralwächter im Falle Perry ob solcher Bildeditier-Beflissenheit vergessen, den Musikinhalt zu überprüfen. Ob ein Song mit der Zeile «I kissed a girl and I liked it» durchgehen würde?
Die auf arabisch ist die offizielle Religionspolizei, die im Auftrag des saudischen Staates die Vorschriften bezüglich religiösen Verhaltens durchsetzt, besonders die, welche Bekleidung, Sozialverhalten, Moral und Gebet betreffen. Sie ist dazu befugt, Männer, die sich mit Frauen unterhalten, mit denen sie nicht verheiratet oder verwandt (nur auf Geschwister und Eltern bezogen) sind, zu verhaften. Sie ist auch berechtigt, Produkte, die als unislamisch gelten, zu verbannen und zu konfiszieren wie z.B. Barbiepuppen, CDs/DVDs von westlichen Musikgruppen, Fernsehsendungen und Filmen. Die Mutawwia in Saudi-Arabien zählt schätzungsweise 10'000 Beamte.