«Die Schweiz ist noch nicht reif für die Champions League der Unterhaltung»
Grosse Gesten, grosse Gefühle, grosser finanzieller Verlust: Am Montagabend gastierte Barbra Streisand im Hallenstadion. Aufgrund überhöhter Ticketpreise kamen trotz später Ramschaktionen nur 6000 Fans zum Konzert. Der enttäuschte Veranstalter fährt einen grossen Verlust ein.
Streisand wusste mit klarer Stimme zu gefallen. Schlicht war das Bühnenbild, pompös gebärdete sich das 58-köpfige Orchester. Und liess die Sängerin gar die vier sie begleitenden Jungtenöre los, dann war man auch schon mal dem Kitsch nahe. Dabei war schnell klar, dass die magischen Momente des Abends die leisen waren: Etwa beim Publikumswunsch «You don't Bring me Flowers», zu dessen Veredelung es nebst Streisands behutsamem Gesang nur ein kleinlautes Klavier brauchte.
Die Amerikanerin war sichtlich begeistert und bedauerte gleich mehrfach, so lange gewartet zu haben, um endlich mal auch unseren Kontinent zu besingen. Auch meisten ihrer Fans waren sich bewusst: Das war eine einmalige Sache, ein Erlebnis mit Sonnen- und Schattenseiten. Ein Gewinn für die meisten, die dabei waren.
Am Schluss wurden die teuren Tickets verschenkt
Ein grosser Verlust war der Event hingegen für den Veranstalter, der sich die Finger an einem Superstar dieser Grösse vermutlich nicht mehr so schnell verbrennen wird. Denn das Konzert war, anders als etwa in London, wo die Billette innert 20 Minuten weg waren, keineswegs ausverkauft. Dies obwohl die Medienpartner unermüdlich auf die noch freien Plätze aufmerksam gemacht haben. Am Schluss wurden die Platzkarten förmlich verhökert: Migros-Mitarbeiter konnten sie für 75 Franken ergattern. Und in letzter Minute wurden gar mehrere hundert Tickets an Firmen verschenkt, damit das Konzertlokal einigermassen gefüllt war.
Enttäuschung bei Good News
Entsprechend enttäuscht zeigt sich Good-News-Mediensprecher Roger Cahn: «Dieses Konzert war so etwas wie ein Probelauf für die ganz grossen Stars. Offensichtlich sind wir in der Schweiz doch nicht reif für die Champions League der Unterhaltung: Madonna wird wohl noch lange nicht bei uns auftreten, weil die Masse sich solche Preise nicht leisten will.»
«Kein Wunder», sagt ein ehemaliger Good-News-Mitarbeiter. «Für einen Sitzplatz im profanen Hallenstadion will niemand über 200 Franken hinblättern. Hätte man die Streisand im Luzerner KKL oder in der Zürcher Tonhalle programmiert, wäre der Zuspruch der Gutbetuchten sicherlich besser gewesen.»
Schaler Nachgeschmack
Gross war der Aufschrei schon im Vorfeld des Streisand-Konzerts: Tickets für bis zu 2200 Franken, bei Sitzen à 300 und 500 Franken nur Blick in den Rücken des 58-köpfigen Orchesters und der 65- jährigen Sängerin. Und nach dem Konzert blieb den Gästen trotz aller Begeisterung ein schaler Nachgeschmack. Denn wer wie üblich zuerst kaufte, sass diesmal leider nicht in der ersten Reihe, sondern fühlte sich im Nachhinein verschaukelt.
SDA/voi