AusgegrenztNarben machen Kindern das Leben schwer
Kinder mit sichtbaren Verbrennungen oder grossen Narben müssen sich oft gegen unangenehme Blicke wehren. Eine Kampagne will das ändern.

Chiara Weideli (11) hat ein Feuermal im Gesicht.
Sie werden angestarrt und hinter ihrem Rücken wird über sie getuschelt: Wer mit einer gut sichtbaren Verbrennung oder Narbe durchs Leben geht, fällt in der Öffentlichkeit auf. Für die Betroffenen ist das oft unangenehm. Das Zentrum für brandverletzte Kinder am Kinderspital Zürich hat deshalb die Website hautstigma.ch lanciert. Mit einer Kampagne soll zudem die Öffentlichkeit für das Thema Hautauffälligkeiten sensibilisiert werden.
«Bei unserer Arbeit haben wir immer wieder gehört, dass Kinder und Jugendliche mit Hautauffälligkeiten in der Öffentlichkeit angestarrt und gehänselt werden», sagt Ornella Masnari, Psychologin am Kinderspital Zürich. So habe die praktische Arbeit den Ansporn für die Kampagne gegeben. In der Schweiz sei das Thema im Vergleich zu anderen Ländern in der Öffentlichkeit wenig präsent. «Die Betroffenen und ihre Familien sind häufig auf sich alleine gestellt.»
«Viele haben Angst vor Ansteckungen»
Eine Studie habe ergeben, dass Schüler Kinder mit Hautauffälligkeiten auf Fotos negativer bewerten, als wenn sie dasselbe Kind auf einem retouchierten Foto ohne Auffälligkeiten sehen. «Manche Kinder haben auch Angst, dass gewisse Hautkrankheiten ansteckend sein könnten.» Diese negative Wahrnehmung wolle die Kampagne ändern, so Masnari.
Es sei wichtig, betroffene Kinder darin zu unterstützen, eine selbstbewusste Haltung zu ihrem Zustand zu finden: «Sie brauchen einen natürlichen Umgang mit den Blicken und der Neugier, mit der sie konfrontiert sind.» Beispielsweise empfehle man betroffenen Kindern, einen Vortrag über ihre Narben oder Muttermale zu halten, wenn sie in eine neue Schulklasse kämen.
Schwierig sei insbesondere die Phase der Pubertät. In dieser Zeit werde das eigene Aussehen für Jugendliche als Teil des Identitätsfindungsprozesses generell wichtiger: «Es stellen sich Fragen wie ‹Wer bin ich?› und ‹Wer will ich sein?›» Für Jugendliche mit einer Narbe oder einer Verbrennung sei es wichtig, diese in die eigene Identität zu integrieren.
«Nachrichtensprecher mit Narben wären super»
Masnari hofft, mit der Kampagne die Gesellschaft zum Nachdenken über ihren Umgang mit Menschen mit Hautauffälligkeiten anzuregen. In der heutigen Zeit herrsche ein Druck, alles wegzuoperieren, was nicht der Norm entspreche. Um dieses Credo zu durchbrechen, seien auch die Medien gefordert. «Ich fände es schön, wenn auch mal jemand mit Narben die Nachrichten verlesen oder das Wetter präsentieren würde.» Damit könnte ein Zeichen dagegen gesetzt werden, dass Personen mit Hautauffälligkeiten in gewissen Jobs diskriminiert werden.