Frauen setzen auf Hypnose beim Gebären

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HypnobirthingFrauen setzen auf Hypnose beim Gebären

In den Kreisssälen der Schweiz gebären deutlich mehr Frauen mit der so genannten Hypnobirthing-Methode. Doch eine schmerzfreie Geburt garantiert das noch nicht.

Deborah Sutter
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Deborah Sutter
Ein Säugling, kurz nach der Geburt. (Symbolbild)

Ein Säugling, kurz nach der Geburt. (Symbolbild)

Konzentrierte Ruhe statt Schreie, tiefes Atmen statt Hecheln: In den Geburtssälen der Schweizer Spitäler gebären immer mehr Frauen unter Hypnose. Möglich macht dies die so genannte Hypnobirthing-Methode. «Meine Kurse sind inzwischen immer ausgebucht», sagt Nadine Ballmer von Hypnobirthing Schweiz. Mittlerweile bietet Ballmer unter anderem in Zürich, Winterthur, Rapperswil sowie Bern und Basel Kurse an. 120 Paaren hat sie im letzten Jahr beigebracht, wie sich die Frau während der Geburt mit Hilfe des Partners selber hypnotisieren kann. «Als ich vor vier Jahren damit begonnen habe, waren es erst ein paar wenige Frauen. Die Nachfrage ist massiv gestiegen.»

Bei Hypnobirthing handle es sich aber nicht um eine Hypnose, wie man sie etwa aus Filmen kennt: «Es gibt kein Pendel, die Frauen sind auch nicht weggetreten. Man muss sich das mehr wie mentales Training oder Tiefenentspannung vorstellen», so Ballmer. Gearbeitet wird mit positiven Leitsätzen und Atemtechniken, die die Frauen in einen tiefen Entspannungszustand versetzen sollen. «Das sind Sätze wie ‹Ich vertraue meinem Körper und meinem Baby›, die der Frau während der Geburt auch vom Partner zugesprochen werden können.» (siehe Box).

Spitäler spüren zunehmende Nachfrage

Der Wunsch nach einer entspannten Geburt zeigt sich auch im Angebot. Im Internet finden sich immer mehr Hypnobirthing-Kurse. Und auch in den Spitälern kommt der Trend langsam aber sicher an. Während das Unispital Basel sowie das Kantonsspital Luzern erste Erfahrungen gesammelt haben, sind es im Kantonsspital St. Gallen mittlerweile rund 10 Frauen pro Jahr, die auf Hypnobirthing schwören.

Im Bezirksspital Affoltern am Albis gebiert schätzungsweise bereits etwa jede 30. Frau unter Hypnose, sagt Miriam Bühlmann, zuständige Hebamme. Sie macht durchwegs positive Erfahrungen: «Diese Frauen haben generell weniger Angst und gehen positiver mit der Wehenarbeit um.» Die Schmerztoleranz sei zudem höher: «Wir müssen viel weniger Medikamente verabreichen.»

«Die Methode ist sehr populär», bestätigt auch die Hebamme Elke Bispinghoff. Sie ist seit 25 Jahren in diesem Beruf tätig und hat mittlerweile 10 Frauen beim Gebären unter Hypnose begleitet. Bispinghoff warnt jedoch davor, in Hypnobirthing eine Allheilmethode zu sehen: «Es gibt keine Garantie, dass die Geburt so verläuft wie geplant. Ein realistisches Bild ist wichtig, damit die Frauen nicht enttäuscht sind oder gar das Gefühl haben, versagt zu haben.» Auch Miriam Bühlmann vom Spital in Affoltern am Albis warnt: «Eine schmerzfreie Geburt gibt es nicht, mit solchen Versprechungen muss man vorsichtig sein.»

Frau Hafner*, Sie haben vor kurzem eine Tochter mit Hypnobirthing zur Welt gebracht. Wie haben Sie die Geburt erlebt?

Die Geburt war für mich ein wunderschönes Erlebnis. Ich konnte die Schmerzen auf einem erträglichen Niveau halten und kam so nicht an meine Grenzen. Danach war ich kaum erschöpft, sondern konnte gleich duschen gehen und wieder meine normalen Kleider anziehen. Der Arzt hat darum zunächst gar nicht begriffen, dass ich die Mutter bin. Mein Partner hat dabei rund die Hälfte der Arbeit geleistet, in dem er mich immer wieder in die Entspannung gebracht hat.

Hatten Sie gar keine Schmerzen?

Ich spürte mehr ein Drücken und Ziehen, als Schmerzen. Lediglich die letzten drei Presswehen waren dann etwas schmerzhaft. Von den 29 Stunden, die die Wehen gedauert hatten, verbrachte ich nur die letzten 10 Stunden im Spital. Zu hause habe ich noch gebadet und bin mit meinem Partner spazieren gegangen.

Wie funktionierte Hypnobirthing bei Ihnen?

Ich war zusammen mit meinem Partner an zwei Tagen im Kurs und habe verschiedene so genannte Affirmationen und Entspannungstechniken gelernt. Das sind Sätze wie etwa «Das Kind hat genau die richtige Grösse für deinen Körper» oder «Stell dir vor, wie es ist, wenn wir dann zu dritt sind». Die Sätze haben mir die Angst genommen und stattdessen die Freude gesteigert. Während der Geburt hat mich mein Freund dann bei jeder Welle – so werden die Wehen genannt – mit diesen Sätzen wieder entspannt. Dadurch und durch ein langes, tiefes Atmen waren nur jeweils 20 Sekunden anstrengend für mich. Zwischen den Wellen sank ich wieder in tiefe Entspannung. Zweimal bin ich sogar beinahe eingeschlafen.

*Angelika Hafner (31) ist Zahnärztin und seit sechs Wochen Mutter der kleinen Aline.

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