Städtebauliche EinflüsseJe ärmer die Gegend, desto eher sind die Kinder dick
Nicht nur Veranlagung, Essverhalten und der soziale Status der Eltern beeinflussen das Gewicht des Nachwuchses. Auch der Wohnort spielt eine Rolle.

Kinder in benachteiligten Quartieren sind bis zu doppelt so häufig übergewichtig wie jene, die in privilegierten Gegenden aufwachsen.
Kinder in schlechter gestellten Quartieren sind bis zu doppelt so häufig übergewichtig wie jene, die in privilegierten Gegenden aufwachsen. Das berichten Forscher der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig. «In benachteiligten Ortsteilen zu wohnen, wirkt sich schon bei Vorschulkindern auf deren Gewicht aus», so Elmar Brähler, der bis 2013 die Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie an der Universität Leipzig leitete.
Für die Studie sammelten die Forscher Daten von fast 3000 Kindern im Rahmen der Einschulungsuntersuchung der Stadt Leipzig. Dafür teilten sie 63 Quartiere Leipzigs in vier Kategorien ein, wobei Kategorie eins für besonders privilegierte Quartiere steht, Kategorie vier hingegen für besonders schlecht gestellte. Massgeblich dafür waren der Anteil der Personen mit niedrigem Schulabschluss, die Arbeitslosenquote und das Haushaltseinkommen.
Frühere Studien liefern Erklärungen
Das Ergebnis: Mit mehr als 12 Prozent leben in benachteiligten Ortsteilen der Kategorie 4 rund doppelt so viele übergewichtige Kinder wie in privilegierten Gegenden der Kategorie 1. «Dabei hat sich gezeigt, dass der Wohnort des Kindes neben dem elterlichen Sozialstatus zusätzlichen Einfluss auf das Übergewicht bei Kindern ausübt: Denn wohnt eine Mutter mit niedriger Bildung in einem privilegierten Ortsteil, verringert sich das Übergewichtsrisiko beim Kind», erläutert Brähler die Forschungsergebnisse.
Frühere Studien im angloamerikanischen Raum zeigen eine mögliche Erklärung: Stark benachteiligte Quartiere unterscheiden sich von den besseren nicht nur punkto Bildung und Arbeitssituation ihrer Anwohner, sondern auch durch bauliche Strukturen, Anbindung an die Infrastruktur, Zugang zu Grünflächen, Spielplätzen und Sonneneinstrahlung.
Gesunde Lebensräume schaffen
«Um mit Präventionsmassnahmen gezielt Übergewicht bei Kindern bekämpfen zu können, muss in weiteren Studien noch genau erforscht werden, wodurch diese grossen Unterschiede verursacht werden», so Brähler. Mit diesem Wissen könnten die Kommunen Lebensräume so gestalten, dass Kindern eine gesunde Entwicklung möglich ist.
Gemäss einer Studie der ETH Zürich ist hierzulande jedes fünfte Kind übergewichtig, gut 5 Prozent davon gelten als krankhaft fettsüchtig. Damit liegt die Schweiz in Europa zusammen mit nordischen Ländern wie Dänemark und Holland eher im unteren Bereich. Folgen können chronische Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Herzkrankheiten sein.