Pascals WetteWetten, dass es Gott gibt?
Vor 350 Jahren starb der Universalgelehrte Blaise Pascal. Berühmt machte ihn unter anderem ein raffiniertes Gedankenexperiment.

Anonymes Porträt von Pascal aus dem 17. Jahrhundert (Ausschnitt) (Bild: PD)
Stellen Sie sich vor, Sie müssten auf Gottes Existenz oder Nicht-Existenz wetten. Die Wahrscheinlichkeit seiner Existenz soll zumindest grösser als null sein. Nehmen Sie ausserdem an, dass Gott Gläubige mit ewiger Seligkeit belohnt, Ungläubige aber völlig auslöscht oder ewig in der Hölle schmoren lässt. Gehen Sie schliesslich davon aus, dass der Glaube den Verzicht auf gewisse irdische Freuden (gutes Essen, Alkohol, Fleischeslust etc.) erforderlich macht.
Mit anderen Worten: Wenn Gott existiert, hat der Gläubige unendlich viel zu gewinnen (ewige Seligkeit), der Ungläubige aber unendlich viel zu verlieren (das Nichts oder ewige Verdammnis droht). Wenn er aber nicht existiert, verliert der Gläubige nur wenig (flüchtige Vergnügungen), während der Ungläubige ebenso wenig gewinnt. Wer würde unter diesen Voraussetzungen nicht auf Gottes Existenz setzen?
Gott ist unbeweisbar
Dieses Gedankenexperiment steht in Blaise Pascals postum (1670) veröffentlichtem Werk «Pensées sur la religion et sur quelques autres sujets» (Gedanken über die Religion und einige andere Themen). Manchen ist der 1623 in Clermont-Ferrand geborene Sohn eines hohen Steuerbeamten wohl eher aufgrund seiner grossen Leistungen in der Mathematik und den Naturwissenschaften ein Begriff. So ist etwa das «Pascal'sche Dreieck», mit dem sich unter anderem Binomialkoeffizienten bestimmen lassen, nach ihm benannt. Eine Masseinheit für den Druck heisst heute Pascal, weil es ihm 1647 gelang, in einem berühmten Experiment die Existenz des Vakuums nachzuweisen.
Nach einem mystischen Erlebnis beschäftigte er sich gegen Ende seines kurzen Lebens immer mehr mit religiösen Fragen. Dabei gelangte der Vernunftmensch Pascal zu der Überzeugung, dass die Vernunft Gottes Existenz weder beweisen noch widerlegen kann; allein der Glaube kann uns die Gewissheit verleihen, dass das höchste Wesen existiert. Dass dieser Glaube aber seinerseits nicht irrational ist, versuchte er mit dem oben erwähnten Argument nachzuweisen.
Fragwürdige Voraussetzungen
Ist es überzeugend? Wenn man Pascals Voraussetzungen akzeptiert, ist daran nicht zu zweifeln; der Atheist hätte in diesem Fall schlechte Karten. Allerdings erscheint es mehr als fraglich, ob man das tun sollte.
Wenn Gott existiert, dann ist er allmächtig, allwissend und uneingeschränkt gut. Würde ein gütiger Gott aber wirklich ewige Höllenstrafen verhängen? Würde er nicht vielmehr gutes Handeln auf Erden nach dem Tod belohnen und versuchen, irdische Übeltäter nach ihrem Ableben auf den Pfad der Tugend zu führen? Dies könnte er aber kaum durch grausame Züchtigungsmassnahmen erreichen, die im Allgemeinen eher kontraproduktiv sind. Wir sollten uns also nicht allzu sehr vor der Hölle fürchten.
Ist es für Gott wirklich so wichtig, dass Menschen seinetwegen auf die Freuden des Lebens verzichten und ihm so ihre Reverenz erweisen? Es wäre doch merkwürdig, wenn er in seiner unendlichen Grösse so viel Wert auf die Verehrung durch so unbedeutende Wesen wie uns Menschen legen würde. Abgesehen davon zeigt die enorme Vielfalt der existierenden Religionen, dass wir von einem Konsens über die richtige Form der Verehrung weit entfernt sind; nicht alle Glaubensrichtungen fordern von ihren Anhängern strikte Askese.
Ist es eigentlich plausibel, dass Gott Menschen bestraft, die nicht fähig sind, an ihn zu glauben? Das wäre doch ein starkes Stück von ihm, denn schliesslich war es ja er, der den Menschen erschaffen und mit unzureichenden Erkenntnismitteln ausgestattet hat. Der Philosoph, Mathematiker und bekennende Atheist Bertrand Russell wurde einmal gefragt, was er sagen würde, wenn Gott wider Erwarten doch existieren und ihn nach seinem Tod wegen seines Unglaubens zur Rede stellen sollte. Er antwortete: «Not enough evidence, God, not enough evidence» (Nicht genug Beweise, Gott, nicht genug Beweise).
Wenn man ein derartiges Gottesbild zugrunde legt, scheint es nicht darauf anzukommen, wie man sich bei Pascals Wette entscheidet. Ein gütiger Gott würde keinen wesentlichen Unterschied zwischen einem Gläubigen, einem Agnostiker und einem Atheisten sehen, solange er ein guter Mensch war.
Natürlich bleibt es dem Leser unbenommen, zu einer gänzlich anderen Schlussfolgerung zu gelangen.
Blaise Pascal wurde am 19. Juni 1623 in Clermont Ferrand (Auvergne) geboren. Nach dem Tod seiner Mutter erhielt er Privatunterricht von seinem Vater, einem hohen Steuerbeamten. Weil dabei die Mathematik zu kurz kam, beschäftigte sich der hochbegabte Blaise selbständig mit geometrischen Figuren - und entdeckte ganz allein die Gesetze Euklids. 1640 erschien eine Abhandlung über Kegelschnitte, die ihn schlagartig berühmt machte. Später konstruierte er eine der ersten Rechenmaschinen (daher ist eine Programmiersprache nach ihm benannt), trug entscheidend zur Entwicklung der Wahrscheinlichkeits- und Infinitesimalrechnung bei und untersuchte die Abhängigkeit des Luftdrucks von der Höhe. Pascal war immer kränklich, aber den Freuden des Lebens keineswegs abgeneigt. 1654 hatte er ein mystisches Erlebnis, dass ihn zur Änderung seines Lebens veranlasste: Er zog in die Nähe des Klosters Port-Royal bei Versailles; diese Institution wurde vom Jansenismus beherrscht, einer sittenstrengen, theologisch dem Calvinismus nahestehenden Schule, die grossen Eindruck auf ihn machte. Pascals Denken kreiste nun immer mehr um Elend und Grösse des Menschen, seine Sündhaftigkeit und sein Verhältnis zu Gott; die «Pensées» sind das eindrückliche Zeugnis dieser Schaffensphase. Am 19. August 1662 erlag er in Paris einer Magenkrankheit.
Blaise Pascal wurde am 19. Juni 1623 in Clermont Ferrand (Auvergne) geboren. Nach dem Tod seiner Mutter erhielt er Privatunterricht von seinem Vater, einem hohen Steuerbeamten. Weil dabei die Mathematik zu kurz kam, beschäftigte sich der hochbegabte Blaise selbständig mit geometrischen Figuren - und entdeckte ganz allein die Gesetze Euklids. 1640 erschien eine Abhandlung über Kegelschnitte, die ihn schlagartig berühmt machte. Später konstruierte er eine der ersten Rechenmaschinen (daher ist eine Programmiersprache nach ihm benannt), trug entscheidend zur Entwicklung der Wahrscheinlichkeits- und Infinitesimalrechnung bei und untersuchte die Abhängigkeit des Luftdrucks von der Höhe. Pascal war immer kränklich, aber den Freuden des Lebens keineswegs abgeneigt. 1654 hatte er ein mystisches Erlebnis, dass ihn zur Änderung seines Lebens veranlasste: Er zog in die Nähe des Klosters Port-Royal bei Versailles; diese Institution wurde vom Jansenismus beherrscht, einer sittenstrengen, theologisch dem Calvinismus nahestehenden Schule, die grossen Eindruck auf ihn machte. Pascals Denken kreiste nun immer mehr um Elend und Grösse des Menschen, seine Sündhaftigkeit und sein Verhältnis zu Gott; die «Pensées» sind das eindrückliche Zeugnis dieser Schaffensphase. Am 19. August 1662 erlag er in Paris einer Magenkrankheit.