«Wir warten wohl besser noch 100, 200 Jahre...»

Aktualisiert

Auf zur neuen Super-Erde!«Wir warten wohl besser noch 100, 200 Jahre...»

GJ 667Cc heisst der heisseste Kandidat für die Existenz ausserirdischen Lebens. Astrophysiker Guillem Anglada-Escudé erklärt, wie die Super-Erde aussieht, und wie man dorthin gelangt.

von
Daniel Huber
GJ 667Cc (r.) umkreist im System Gliese 667 den mittleren der drei Zwergsterne links. (Bild: Universität Göttingen / Carnegie Institution)

GJ 667Cc (r.) umkreist im System Gliese 667 den mittleren der drei Zwergsterne links. (Bild: Universität Göttingen / Carnegie Institution)

Es war eine wahrhaft astronomische Sensation: Am 2. Februar gaben Wissenschaftler der Universität Göttingen und der Carnegie Institution for Science im amerikanischen Washington bekannt, sie hätten im nur 22 Lichtjahre entfernten System Gliese 667 einen Exo-Planeten gefunden, der möglicherweise Leben beherbergen könnte. Wir sprachen mit einem der Entdecker der Super-Erde, dem Astrophysiker Guillem Anglada-Escudé von der Universität Göttingen.

20 Minuten Online: Wie muss man sich diese Super-Erde im System Gliese 667 vorstellen – was wissen wir überhaupt von ihr?

Guillem Anglada-Escudé: Wir wissen zunächst, dass sie da ist. Wir wissen, dass sie eine bestimmte Masse hat – rund die viereinhalbfache unserer Erde – und dass sie ihre Sonne in 28,15 Tagen einmal umkreist.

Da wissen wir aber nicht gerade viel.

Wir wissen noch mehr: Die Umlaufbahn von GJ 667Cc liegt in einem Bereich, der gute Voraussetzungen für das Vorkommen von flüssigem Wasser und damit für die mögliche Existenz von Leben bietet. GJ 667Cc ist derzeit einer der besten Kandidaten überhaupt für die Existenz von extraterrestrischen Leben; die meisten anderen bisher entdeckten Exo-Planeten sind zu nah bei ihrem Zentralgestirn oder zu weit davon entfernt.

Hat GJ 667Cc wie unsere Erde auch eine Atmosphäre?

Das hingegen wissen wir nicht. Wir wissen auch nicht, ob es sich um einen Gesteinsplaneten oder um einen Gasplaneten handelt. Wenn GJ 667Cc ein Gesteinsplanet ist, hat er so gut wie sicher auch eine Atmosphäre.

Wäre Leben auch auf einem Gasplaneten möglich?

Im Prinzip schon. Natürlich würde es dann aber etwas anders aussehen als bei uns auf der Erde.

Wie beobachtet man ein derart weit entferntes Objekt, das im Verhältnis so winzig ist?

Das geht natürlich nicht mit einem gewöhnlichen Teleskop. Exo-Planeten wie GJ 667Cc werden auf indirekte Weise nachgewiesen und beobachtet. Hochpräzise Messungen der Radialgeschwindigkeit von Sternen ermöglichen den Nachweis von Abweichungen, die die Folge des Vorhandenseins von Objekten in der Nähe dieser Sonnen sind. Einfacher gesagt: Sterne «taumeln» gewissermassen, wenn Planeten sie umkreisen.

Warum nennt man GJ 667Cc «Super-Erde»?

Das ist eine Definitionsfrage. Super-Erden haben eine grössere Masse als die Erde, aber eine kleinere als der Neptun.

Diese neu entdeckte Super-Erde hat die viereinhalbfache Masse der Erde. Wären wir dann 4,5-mal schwerer, wenn wir dorthin gelangen könnten?

Nein, so einfach ist das nicht. Das hängt auch von der Dichte ab; Planeten mit einem schweren Kern sind dichter und haben dadurch eine höhere Anziehungskraft. Bei grösseren Planeten ist man zudem an der Oberfläche weiter vom Mittelpunkt entfernt, so dass die Gravitation schwächer ist. Ich schätze, dass wir auf GJ 667Cc nur etwa anderthalb- bis zweimal so schwer wären wie auf der Erde.

Immer noch kein Zuckerschlecken für Übergewichtige. Hätte die Super-Erde noch mehr unangenehme Überraschungen parat für uns?

Nun ja, da von der kleinen Sonne etwa zehn Prozent weniger Licht auf den Planeten gelangt als bei der Erde, und dazu ein grosser Teil davon im Infrarotbereich, wäre das Tageslicht dort eher dämmerig. So wie bei uns am Abend. Und es wäre ziemlich rötlich.

Würde uns dort auch das recht kurze Jahr das Leben schwer machen?

Ich denke nicht. Wir zählen die Zeit in Jahren, weil das Klima mit dem Jahresrhythmus zusammenhängt. Bei einer Umlaufzeit von nur 28 Tagen wäre das Klima vermutlich gleichmässig. Wir würden wohl nicht das astronomische Jahr als Grundlage für die Zählung verwenden, sondern etwas anderes.

Noch sind wir aber nicht dort. Wie lange würde beim gegenwärtigen Stand der Raumfahrt eine Reise nach GJ 667Cc etwa dauern?

Die derzeit schnellsten von Menschen gefertigten Objekte würden für die 22 Lichtjahre – rund 209 Billionen Kilometer – mehrere zehntausend Jahre benötigen. Wenn wir jetzt enorme Ressourcen in die Entwicklung eines effizienten Antriebs stecken würden, könnten wir die Reisezeit wahrscheinlich auf etwa 1000 Jahre verkürzen. Immer noch zu lang für ein Menschenleben. Wir warten wohl besser noch 100 oder 200 Jahre, bevor wir uns an ein solches Projekt wagen; dann hat sich die Raumfahrttechnologie womöglich deutlich weiterentwickelt.

Vielleicht ist ja eh schon jemand dort. Wie würden wir merken, dass es auf GJ 667Cc intelligentes Leben gibt?

Wir würden es merken, wenn die etwas produzieren würden, das wir messen können. Radiosignale zum Beispiel. Das SETI-Projekt sucht solche Signale und reagiert jeweils auch auf die Entdeckung von solchen Super-Erden durch die Astronomen. Wenn wir nichts wahrnehmen, heisst das aber noch lange nicht, dass es dort kein Leben gibt.

Dr. Guillem Anglada-Escudé

ist einer der Entdecker des Exo-Planeten GJ 667Cc. Der Astrophysiker war an der Universität von Barcelona tätig und forscht derzeit an der Fakultät für Physik der Georg-August-Universität Göttingen.

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