Der etwas andere Nobelpreis

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«Ig-Nobel»Der etwas andere Nobelpreis

Fluchen ist schmerzlindernd, Flughunde haben Oralsex, über die Schuhe gezogene Socken mindern die Rutschgefahr: Die skurrilsten Forschungsarbeiten sind in Boston ausgezeichnet worden. Auch die Pleitebank Lehman Brothers kriegte ihr Fett weg.

Mark Pratt
AP
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Kurz vor der Verleihung der «richtigen» Nobelpreise in der kommenden Woche sind an der amerikanischen Elite-Universität Harvard die höchsten Auszeichnungen für unwahrscheinliche und skurrile Forschungsarbeiten, die Ig-Nobelpreise, verliehen worden. Zu der Festveranstaltung in Boston kamen am Donnerstag bis auf eine Ausnahme alle Preisträger, und wie seit einigen Jahren üblich wurden die Preise von richtigen Nobelpreisträgern überreicht.

«Ig-Nobel» ist ein Wortspiel mit «ignoble», was unwürdig, schmachvoll und schändlich bedeuten kann. Den Ig-Friedensnobelpreis gewannen Professor Richard Stephens und seine Studenten für die von ihnen nun wissenschaftlich untermauerte Erkenntnis, dass Fluchen schmerzlindernd wirken kann. Der Professor machte die Erfahrung, als er sich mit dem Hammer auf den Daumen schlug und ihm dabei ein nicht druckbarer Fluch entfuhr, nach dem er sich aber besser fühlte. Kurz darauf brachte seine Frau die gemeinsame Tochter auf die Welt und bei den besonders langen und schmerzhaften Wehen soll sie so geflucht haben, das selbst ein Seemann errötet wäre. Sie habe sich danach bei der Hebamme entschuldigt, die allerdings gemeint habe, das sei doch nichts Besonderes, berichtete Stephens und fügte wissenschaftlich ernst hinzu: «Was wir denken ist, dass beim Fluchen eine innere Reaktion in einem selbst erzeugt wird, die das Nervensystem anregt und eine Kampf- oder Fluchtreaktion auslöst.»

Der Ig-Nobelpreis für Biologie ging an sieben chinesische Forscher, die dokumentierten, dass es im Liebesleben von Flughunden auch Oralsex gibt. Der Preis für die besondere Ingenieursleistung ging an drei Forscher, die ein Verfahren entwickelten, Walrotz mit ferngesteuerten Hubschraubern einzusammeln. Die über das Blasloch der Meeressäuger «ausgeschiedenen Atemkondensate» könnten Aufschluss über den Gesundheitszustand des Tieres geben. Neuseeländische Forscher bekamen den Ig-Physiknobelpreis für den wissenschaftlichen Nachweis, dass über die Schuhe gezogene Socken die Rutschgefahr auf glatten Wegen deutlich mindern. Der Management-Preis ging an drei Wissenschaftler, die mathematisch bewiesen, dass die Organisationen effizienter werden, die Beförderungen nach dem Zufallsprinzip vornehmen.

Lehman Brothers preigekrönt

Alle Preisträger bis auf eine Ausnahme waren unter den 1200 Gästen der seit 20 Jahren stattfindenden Veranstaltung. Nur die Manager von Goldman Sachs, AIG, Lehman Brothers, Bear Stearns, Merril Lynch und Magnetar wollten nicht den sarkastischen Ig-Wirtschaftsnobelpreis für die Erfindung und Förderung neuer Investitionen haben, «die finanziellen Zuwachs maximieren und finanzielles Risiko minimieren». Der Chefredakteur der «Annals of Immprobable Research», Marc Abrahams, sagte, schon der Versuch, Einladungen auszusprechen, sei bei den Mitverantwortlichen der schweren Finanzkrise gegen eine Mauer des Schweigens geprallt. «Sie haben nie geantwortet, noch nicht einmal mit einem 'Nein, danke'.»

Auch die Gäste durften einen buchstäblich kleinen satirischen Preis mit nach Hause nehmen: Bakterien, überreicht mit der Eintrittskarte. Und sie wurden mit der Weltpremiere der «Bacterial Opera» unterhalten, die von Abenteuern kleiner Lebewesen erzählt, die auf dem Schneidezahn einer Frau leben.

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