Diese Antibiotika haben heftige Nebenwirkungen

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Epileptische AnfälleDiese Antibiotika haben heftige Nebenwirkungen

Halluzinationen, Panikattacken, Depressionen: Solche Nebenwirkungen können einige Antibiotika haben. Dennoch werden sie weiterhin verschrieben.

F. Riebeling
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F. Riebeling

Wenn die Blase zwickt, helfen Antibiotika meist weiter. Doch manche von den zur Auswahl stehenden Präparaten haben so schwere Nebenwirkungen, dass auch die schlimmste Harnwegsentzündung ein Klacks dagegen ist.

Die Beschwerden der Fluorchinolone (früher Gyrasehemmer) reichen von Sehnenentzündungen und -rissen über Gelenk-, Muskel- und Hautschmerzen, Herzrhythmusstörungen, Halluzinationen, Verwirrung und epileptischen Anfällen bis hin zu schlimmem Durchfall, Depressionen und Suizidgedanken.

Die Nebenwirkungen sind teils so heftig, dass die amerikanische Zulassungsbehörde FDA 2016 eine Warnung herausgab, wonach die Einnahme von Antibiotika der Fluorchinolon-Familie «zur Behinderung führen und potenziell dauerhaft sein» kann, wie Spiegel.de zitiert. Kürzlich hat auch das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ein europaweites Risikobewertungsverfahren eingeleitet.

Wirksam, wenn andere Mittel versagen

Auch in der Schweiz sind die schweren Nebenwirkungen bekannt. Trotzdem werden die entsprechenden Präparate weiterhin verschrieben. «Fluorchinolone haben ein breites Wirkungsspektrum», erklärt Stephan Krähenbühl, Chef der Abteilung für Klinische Pharmakologie am Universitätsspital Basel. Bei Erkrankungen der Lunge würden sie beispielsweise auch solche Bakterien erreichen, gegen die Penicillin nichts ausrichten könne.

Der Experte hält die Antibiotika für sehr gute Medikamente, bei denen der Nutzen überwiege – vorausgesetzt, Verschreibung und Gebrauch erfolgen gemäss den Richtlinien. Zudem verweist er darauf, dass die Nebenwirkungen immer von der Dosis abhängig seien und nach dem Absetzen wieder verschwänden.

Betroffene leiden oft ein Leben lang

Dieser Meinung sind jedoch nicht alle: Viele ehemalige Fluorchinolon-Konsumenten berichten, dass während oder nach der Behandlung ihrer eigentlich harmlosen Infektionen das Leiden erst richtig anfing.

In speziellen Foren und Facebook-Gruppen tauschen sie sich über ihre langwierigen und zum Teil irreparablen Gesundheitsbeschwerden aus – und darüber, dass sie im Vorfeld gar nicht oder zu wenig über die möglichen Nebenwirkungen informiert worden seien.

Swissmedic ist am Thema dran

Für eine bessere Information von Ärzten und Patienten setzt sich derweil Swissmedic ein: In einem ersten Schritt «sollen die Warnhinweise in Fach- und Patienteninformationen überprüft und vereinheitlicht werden. Es soll zudem verstärkt auf den kritischen Einsatz hingewiesen werden», teilt das Heilmittelinstitut auf Anfrage von 20 Minuten mit.

Danach sieht Swissmedic vor, «gleich wie die FDA, Öffentlichkeit und Fachleute auf ihrer Website zu informieren. Die Fachleute sollen zusätzlich in ihren Standesorganen wie der ‹Ärztezeitung› und dem ‹Pharma Journal› und voraussichtlich durch ein separates Rundschreiben orientiert werden.»

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