Forscher finden älteste Schildkröte der Welt

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240 Millionen Jahre altForscher finden älteste Schildkröte der Welt

Als Sechser im Lotto bezeichnen Forscher eine neu entdeckte Urschildkröte. Die Überreste klären, wie der Bauchpanzer entstanden ist – ein bisher ungelöstes Rätsel.

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240 Millionen Jahre alt ist das Fossil der bei Schwäbisch Hall gefundenen Opaschildkröte (Pappochelys).
Ihre Entdecker sehen in ihr ein sogenanntes Missing Link, das eine weltweite Fundlücke schliesse. Damit ist die Urschildkröte laut Rainer Schoch «so etwas wie ein Sechser im Lotto.»
Anders als bei allen bisher bekannten Urschildkröten sind die Bauchrippen der Opaschildkröte noch nicht zu einem Panzer verschmolzen.
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240 Millionen Jahre alt ist das Fossil der bei Schwäbisch Hall gefundenen Opaschildkröte (Pappochelys).

Rainer Schoch

Paläontologen haben bei Schwäbisch Hall das Fossil der ältesten Schildkröte der Welt gefunden. Diese 240 Millionen Jahre alte Urschildkröte ist in der Abstammungsgeschichte ein bislang fehlendes Bindeglied zu den Echsen.

Ihre anatomische Konstruktion ermögliche es, Schildkröten in die nähere Verwandtschaft der Echsen, Krokodile und Vögel zu stellen, berichtete Rainer Schoch vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart. Sie widerlegt die Hypothese, dass Schildkröten von sehr urtümlichen Sauriern abstammen.

Lang ersehntes Missing Link

Schoch und sein Kollege Hans-Dieter Sues vom National Museum of Natural History in Washington präsentieren ihre Erkenntnisse im Fachjournal «Nature». Die Urschildkröte erhielt den Namen Pappochelys (Opaschildkröte). Die Wissenschaftler sehen in ihr ein sogenanntes Missing Link, sie schliesse eine weltweite Fundlücke. «So etwas ist wie ein Sechser im Lotto», sagte Schoch. Er gräbt seit 13 Jahren in Vellberg bei Schwäbisch Hall nach fossilen Skelettresten.

Der Ursprung der Schildkröten sei wegen fehlender Fossilfunde in der Wissenschaft kontrovers diskutiert worden, sagte Schoch. Bisher galt demnach die mehr als 220 Millionen Jahre alte Ur-Schildkröte Odontochelys aus China als ältester Nachweis der panzertragenden Reptilien. Bei ihr sei der Bauchpanzer bereits vollständig verknöchert, während der Rückenpanzer nur aus verbreiterten Rippen bestehe. Bei der Vellberger Urschildkröte sind die Bauchrippen noch nicht zu einem Panzer verschmolzen. Die Kiefer tragen Zähne und der Schädel weist zwei grosse Öffnungen in der Schläfe auf.

Zwei Rätsel gelöst

Schochs 20 Zentimeter lange, echsenartige Pappochelys löse zwei Rätsel in der Entwicklungsgeschichte auf einmal: Sie kläre, wie der Bauchpanzer entstand und wie der Schädel der Schildkröten ursprünglich ausgesehen hat. Der Paläontologe sprach von «grosser wissenschaftlicher und evolutionsbiologischer Bedeutung».

Die Opaschildkröte lebte in und um einen kleinen Süsswassersee. Vermutlich habe sie sich – ähnlich wie heutige Galápagosechsen – gern im Wasser aufgehalten. Ihre schwer gebauten Rippen und Bauchrippen deuten darauf hin, dass sie tiefer tauchen und vielleicht länger im Wasser bleiben konnte als gewöhnliche Echsen.

Nach einer früheren genetischen Untersuchung haben sich Schildkröten vor gut 250 Millionen Jahren von der Linie der Krokodile und Vögel abgespalten. Etwa zu der Zeit gab es ein grosses Massensterben auf der Erde, woraufhin viele neue Tierarten entstanden sind. Auch die Genaktivität während der Embryo-Entwicklung von Schildkröten ähnele zum Teil derjenigen von Küken, ergab die Studie von über 30 Forschern aus China, Japan, Grossbritannien, Dänemark und Saudi-Arabien. (fee/sda)

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