Falsche BehauptungenPolitik missachtet Befunde aus der Wissenschaft
Viele Politiker ignorieren Erkenntnisse aus der Forschung: Ihre Meinungen begründen sie oft faktisch falsch.

Der Einfluss von Gentech-Weizen auf die Umwelt wurde bereits gründlich untersucht, wie 2011 in Zürich.
Geht es um Gentechnik, Klimaschutz oder andere aktuelle politische Fragen, bilden wissenschaftliche Fakten eine wichtige Grundlage für politische Entscheidungen. Sollte man meinen. Doch viele Politiker scheren sich wenig um Befunde aus der Forschung. So lautet das Fazit einer Analyse der Schweizer Akademien der Wissenschaften. Darin wurden Antworten unter die Lupe genommen, die die aktuellen Nationalratskandidaten im Online-Fragebogen von Smartvote gegeben haben. Dass viele Argumente falsch sind, zeigen folgende Beispiele:
Klimaschutz: Die FPD und deren Präsident Philipp Müller lehnen eine CO2-Abgabe auf Treibstoffe ab. Weil – wie Müller schreibt – die Abgabe den Benzinverbrauch nicht senken würde. Dem widersprechen Berechnungen des Umweltökonomen Philippe Thalmann von der ETH Lausanne. Er zeigt, dass eine Erhöhung des Benzinpreises um 10 Prozent die Nachfrage um 3 Prozent senkt. Das würde helfen, das Klima zu schützen.
Gentechnik: Die Grünen und ihre Co-Präsidentin Regula Rytz sind gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, weil ein Nebeneinander von Gentech- und konventioneller Landwirtschaft in der Schweiz nicht möglich sei. Dass es doch möglich ist, zeigte schon vor drei Jahren ein nationales Forschungsprogramm.
Die Ignoranz der Politik gegenüber der Wissenschaft erstaunt den Politologen und Wahlbeobachter Michael Hermann nicht: «Politiker leben in einer anderen Welt als Wissenschaftler», sagt er. «Für sie zählen Werte und Wählerstimmen mehr als Fakten.» Dies kann Jürg Pfister von der Akademie der Naturwissenschaften zwar akzeptieren. «Aber dann sollen sie nicht behaupten, sie würden sich auf Fakten stützen.»
«Wissen»
in 20 Minuten wird unterstützt durch die GEBERT RÜF STIFTUNG und die Stiftung Mercator Schweiz.