Getreide-SpekulationShakespeare war ein Abzocker
Der grosse William Shakespeare verdankte seinen Reichtum nicht alleine seinen Dramen und Sonetten. Er hamsterte Getreide und verkaufte es in Notzeiten teuer weiter. Zudem hinterzog er Steuern.

William Shakespeare legte die Profite aus seinen literarischen Werken gewinnbringend an. (Bild: PD)
William Shakespeare war offenbar nicht nur einer der grössten britischen Schriftsteller seiner Zeit, sondern auch ein gewiefter Geschäftsmann. Um für sich und seine Familie das Überleben zu sichern, schreckte Shakespeare selbst während einer Hungersnot nicht vor rücksichtslosem Hamstern von Getreide und Steuerhinterziehung zurück und vergrösserte sein Vermögen als Geldverleiher. Das geht aus einer Studie von Forschern der Universität Aberystwyth in Wales hervor, die beim Hay-Literatur-Festival im Mai vorgestellt werden soll.
«Shakespeare der Getreide-Hamsterer wurde aus der Geschichte entfernt, um Shakespeare das kreative Genie zu schaffen», heisst es in der Studie. Über eine Periode von 15 Jahren kaufte und lagerte Shakespeare demnach Korn, Gerste und Malz, verkaufte es teilweise wieder zu erhöhten Preisen und verfolgte diejenigen, die ihre Schulden nicht begleichen konnten. Seinen Gewinn legte er in Kredite an, die er an andere vergab.
Doch mit dem Gesetz nahm es Shakespeare offenbar nicht so genau. Die Behörden ermittelten gegen ihn wegen Steuerhinterziehung und 1598 wurde er wegen des Hortens von Getreide während der Hungersnot bestraft.
Shakespeares Leben wurde verklärt
Jayne Archer, eine der Autorinnen der Studie, sagt, dass Shakespeares Geschäfte und Lebensumstände allzu oft von Gelehrten und Literaturkennern ignoriert und verklärt würden. Da passe das Bild eines von den eigenen Interessen getriebenen Unternehmers nicht hinein. Die Studie ist das Ergebnis einer langen Recherche in historischen Archiven. Die Ergebnisse sollen helfen, das Werk des Schriftstellers Shakespeare in seinem biografischen und historischen Kontext besser zu verstehen.
Gänzlich unbekannt waren Shakespeares unternehmerische Aktivitäten indes nicht. Nach seiner Beerdigung 1616 erhielt er ein Denkmal auf seinem Grab in seiner Heimatstadt Stratford-upon-Avon, das ihn mit einem Sack Getreide zeigte. Erst im 18. Jahrhundert wurde es durch eine «schriftstellerhaftere» Darstellung ersetzt: Anstelle des bodenständigen Getreides zeigt ihn das Monument seither mit Kissen und Federkiel. (jcg/sda)