StudieSmartphones zeigen, wie flexibel das Gehirn ist
Wer sein Smartphone regelmässig nutzt, stärkt in seinem Gehirn entsprechende Regionen. Die Forscher sind erstaunt, wie schnell der Anpassungsprozess vonstatten geht.

Wer sein Mobiltelefon wie Ex-SVP-Nationalrat Peter Spuhler bedient, trainiert entsprechende Bereiche im Gehirn.
Tippen, streichen, wischen – Nutzer von Smartphones haben flinke Daumen und Zeigefinger. Der tägliche Gebrauch dieser Technik fördert jedoch nicht nur die Fingerfertigkeit. Wie Forschende der Universitäten Zürich und Fribourg aufzeigen konnten, verändert die Tätigkeit auch mehrere Bereiche im Gehirn. Ihre Studie zeigt, wie sich das Gehirn jeden Tag an die Nutzung des Handys anpasst.
Das Ziel der Forscher war es, anhand der Smartphone-Nutzung herauszufinden, wie sich alltägliche Aktivitäten auf das Gehirn auswirken. Arko Ghosh vom Institut für Neuroinformatik der Universität und der ETH Zürich analysierte in Zusammenarbeit mit der Uni Fribourg bei 37 Probanden die Hirnaktivität beim Bewegen der Daumen, des Zeige- und Mittelfingers. Dabei stellte sich laut ihrer in der wissenschaftlichen Zeitung «Cell» veröffentlichten Studie heraus, dass sich die Hirnaktivität bei Nutzerinnen und Nutzern von Touchscreen-Smartphones im Vergleich zu Personen mit herkömmlichen Handys unterscheidet.
Wir lernen überraschend schnell
In unserem Denkapparat wird bei Verwendung von Smartphones mehr Platz und Energie für die genutzten Finger zur Verfügung gestellt als ohne. So wird bei Smartphone-Nutzern für die Verarbeitung von Sinneseindrücken aus den Fingern und die Beweglichkeit derselben eine grössere Region aktiv als bei Menschen mit herkömmlichem Handy.
Zudem hat auch die Häufigkeit des Smartphone-Gebrauchs einen Einfluss auf die Aktivität im Gehirn: Je mehr das Smartphone in den vergangenen zehn Tagen benutzt worden war, desto stärker war die Reaktion auf einen Reiz. «Auf den ersten Blick scheint dieser Befund vergleichbar zu sein mit dem, was bei Geigenspielern geschieht», erklärt Ghosh. Der Cortex passt sich wiederholenden Fingerbewegungen schnell an und beweist damit einmal mehr, wie flexibel unser Gehirn ist.
Veränderungen von unerwarteten Ausmassen
Besonders fasziniert hat die Forscher die Möglichkeit, durch den Gebrauch vom Smartphones tägliche Veränderungen im Hirn messen zu können. Und die Geräte liefern erst noch ausreichend Daten über das Verhalten der Menschen im gleichen Zeitraum.
Mit dem grossen Einfluss, den das Smartphone auf das Gehirn hat, hatten die Forscher nicht gerechnet: «Die digitale Technik, die wir im Alltag nutzen, formt die Sinnesverarbeitung in unserem Gehirn und zwar in einem Ausmass, das uns überrascht hat», fasst der Neurowissenschaftler Arko Ghosh zusammen.
Schaden Smartphones unserem Gehirn?
Für Ghosh ist es zu früh, um die festgestellten Veränderungen als gut oder schlecht einzustufen. Wichtig sei es, dass die digitalen Fussabdrücke, die durch ein Smartphone entstehen, den Forschern helfen können, die Funktionsweise des Gehirns im Alltag besser zu verstehen.