Personal wehrt sich«Einfach unfassbar»: Swiss drängt Mitarbeitende auf Tel-Aviv-Flüge
Seit die Swiss wieder nach Tel Aviv fliegt, gibt es Stunk um diese Flüge, weil viele Mitarbeitende sich davon suspendieren lassen. Jetzt zieht die Swiss die Schraube an, das Personal ist empört.
Darum gehts
Wegen Sicherheitsbedenken haben sich viele Swiss-Mitarbeitende von Flügen nach Tel Aviv suspendieren lassen.
Weil die Swiss bald wieder öfter nach Tel Aviv fliegen will, zieht die Fluggesellschaft die Schraube an.
Wer Bedenken hat, muss das neu sieben Tage vor dem Flug anmelden und seine Gründe in einem ausführlichen Gespräch darlegen.
Das Personal hat kein Verständnis und auch die Gewerkschaft wehrt sich und fordert, dass Flüge nach Tel Aviv für das Personal freiwillig werden.
Seit der Wiederaufnahme der Flüge nach Tel Aviv Anfang Januar herrscht Unruhe unter den Swiss-Flugbegleitern. Viele haben Angst vor Flügen in das Kriegsgebiet (20 Minuten berichtete). Deshalb ermöglichte eine Klausel im Gesamtarbeitsvertrag besorgten Crewmitgliedern, sich von diesen Flügen zurückzuziehen.
In einem neuen Schreiben an die Mitarbeitenden wird jetzt darüber informiert, dass Tel Aviv ab Mai wieder zweimal pro Tag angeflogen wird. Weil dafür mehr Personal nötig ist, werden auch die Regeln zur Rücktrittsklausel verschärft.
Wer nicht fliegen will, muss zum Gespräch antraben
Neu sollen Mitarbeitende spätestens sieben Tage vor Abflug die Airline über ihre Bedenken informieren. Daraufhin findet dann ein Gespräch mit dem Vorgesetzten statt. «Dabei geht es uns vor allem darum, die Gründe für einen Rücktritt zu erfahren und gemeinsam ein Vorgehen zu entwickeln, wie mittelfristig Flüge an solche Destinationen wieder absolviert werden können», sagte Mediensprecherin Silvia Exer-Kuhn. «Das Reglement bezüglich Rücktrittsklausel ist unverändert geblieben, die Handhabung wurde angepasst und entspricht dem Gesamtarbeitsvertrag.»
Vom Personal ist zu vernehmen, dass diese Gespräche deutlich strenger geworden seien: War es zu Beginn mehr oder weniger Formsache, sich von einem Tel-Aviv-Flug dispensieren zu lassen, müsse man die Gründe dafür jetzt sehr detailliert darlegen und Gesuche, den Flug nicht anzutreten, würden sehr genau durchleuchtet.
Swiss: Flüge hätten fast annulliert werden müssen
Der oberste Swiss-Kabinenchef Martin Knuchel erklärt in einem Video die Gründe für die Massnahmen: «Es gab immer wieder Peaks, die beinahe dazu geführt hätten, dass ein Flug annulliert wird.» Auch er will aber nichts davon wissen, dass die Klausel ganz gestrichen würde.
Hast du Verständnis für das Personal?
Beim Swiss-Kabinenpersonal kommt der Plan des Managements nicht gut an. «Bisher ging es lediglich darum, dorthin und direkt wieder zurück zu fliegen. Jetzt müssen wir sogar dort schlafen. Ohne mich», sagt U.P.* (33), Maitre de Cabine bei Swiss. Sie will sich auch weiterhin gegen die Flüge nach Nahost wehren.
Personal: «Flüge nach Tel Aviv sollten freiwillig sein»
Auch der 28-jährige Flugbegleiter S.Z.*, der seit fünf Jahren für Swiss tätig ist, hegt Bedenken bezüglich der Flüge nach Tel Aviv. Er fürchtet die Folgen, wenn er sich von den Flügen abmeldet. «Mir wurde schon gesagt, dass es durchaus sein kann, dass man dann zum Flugarzt oder Psychologen geschickt wird. Das will ich nicht.»
V.H.* (35) zeigt ein gewisses Verständnis für die Haltung ihrer Airline, äussert jedoch deutliche Kritik am Umgang mit Flügen nach Tel Aviv. «Wie soll man bei einem Bereitschaftsdienst, wo Flüge teilweise erst eine Stunde vorher zugeteilt werden, einen Tel-Aviv-Flug mit den neuen Regeln ablehnen können?» Auch andere Airlines flögen wieder nach Tel Aviv, das sei nicht das Problem. «Aber dass die Swiss nicht auf Freiwilligkeit setzt, verstehe ich nicht.»
Gewerkschaft: «Sieben-Tage-Frist weicht vom GAV ab»
Schon im Januar hatte die Gewerkschaft Kapers gefordert, dass Flüge nach Tel Aviv freiwillig werden. Das wollte die Swiss aber partout nicht, da dies zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft führen würde: «Einige fliegen dann andauernd nach Tel Aviv und andere gar nicht», hiess es von der Swiss. Im neusten Schreiben wird deutlich gemacht, dass Flüge nach Israel und in den Libanon so sicher seien wie andere auch.
Auch auf die neusten Ankündigungen reagierte die Gewerkschaft prompt. «Wir haben der Swiss unsere Bedenken ausdrücklich geschildert und halten es nicht für den richtigen Weg, euch bei der Entscheidung, ob ihr einen Flug durchführen könnt, unter Druck zu setzen», schreibt der Kapers-Vorstand in einer Mitteilung an die Mitglieder. Die neu eingeführte Frist von sieben Tagen soll vom gültigen Gesamtarbeitsvertrag abweichen, so Kapers.
*Namen der Redaktion bekannt
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