Zwei Zürcher Ex-Bankerinnen wollen dich zum Anlage-Profi machen

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«UMushroom»Zwei Zürcher Ex-Bankerinnen wollen auch dich zum Anlage-Profi machen

Wollen Normalsterbliche Geld anlegen, werden sie von Banken nicht mehr richtig betreut. Dies beklagen die beiden Investment-Profis Luba Schönig und Tonia Zimmermann – und wollen mit ihrem Start-up Abhilfe schaffen.

«UMushroom»: Darum gehts

  • Das Start-up «UMushroom» will Kleinanleger im Dschungel des Anlagemarkts emanzipieren.
  • Mit einer ausgeklügelten Plattform sollen alle von Kursentwicklungen profitieren können.
  • 20 Minuten hat die Gründerinnen Luba Schönig und Toni Zimmermann zum Interview getroffen.

Der Brand, das Büro, die Haltung: Bei «UMushroom» nahe des Zürcher Viadukts riechts förmlich nach Start-up. Mushroom? Pilz? Was? Die Gründerinnen Luba Schönig (49) und Tonia Zimmermann (47) erklären harmonisch: Die beiden langjährigen Freundinnen hätten eine Dokumentation über die Pilzwelt geschaut und waren von der demokratischen, Symbiose-suchenden Eigenschaft der Gewächse fasziniert.

«Die sind genau wie wir, beziehungsweise wie wir uns einen Finanzmarkt vorstellen», führt Zimmermann aus, «alle gleich, alle verbunden, alle produktiv, keiner stellt sich über den anderen.» Das, wie sie im Gespräch mit 20 Minuten betont, sei die DNA ihrer Firma. Nicht aber der Gründungsimpuls. Wenn zwei erfolgreiche Geschäftsfrauen plötzlich ein Start-up ins Leben rufen, brauchts diesen schliesslich. Genauso wie unternehmerisches Denken – und einen Business Case. Doch der Reihe nach.

Die «UMushroom»-Gründerinnen Luba Schönig (l.) und Tonia Zimmermann (r.) erklären 20 Minuten ihr Geschäftsmodell.
Die «UMushroom»-Gründerinnen Luba Schönig (l.) und Tonia Zimmermann (r.) erklären 20 Minuten ihr Geschäftsmodell.20min/Michael Scherrer

Zusammen über 40 Jahre Erfahrung

Schönig und Zimmermann sind, wie sie selbst sagen, seit 2007 gut befreundet. Beide kennen Investment-Banking wie kaum jemand anders – gut 40 Jahre Erfahrung liegen zwischen den beiden. Hauptfokus bisher: sogenannte «High Net Worth Individuals» oder eben die Ultra-Reichen.

Schönig: «Von der Produktion von Anlagen auf dem Trading-Floor bis hin zur Anlageberatung, wir haben schon für jeden einzelnen Teilschritt der Wertschöpfungskette gearbeitet.» Dennoch haben die beiden irgendwann genug vom institutionellen Banking. Gleichzeitig. Es habe sich zunächst langsam abgezeichnet, aber sei dann doch auf einmal klar gewesen, ergänzt Zimmermann.

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Alles begann mit der Krise

Die zugrundeliegende Problematik ist gleichzeitig Impuls, Business Case und der Ruf nach unternehmerischem Handeln. Und diese Problematik hat eine Zahl: 2008. «Mit der Wirtschaftskrise ab 2008 wurden Finanzinstitute richtiggehend reguliert», erklärt Schönig.

Dies bedeutet: «Banken hatten immer knappere Ressourcen und fokussierten sich fortan vor allem auf vermögende Kunden», so Zimmermann. Die sogenannten «Retail»-Kunden, also die Mehrheit der Kunden, erhalten keine massgeschneiderte Beratung.

«Die Mehrheit verpasst so die ganzen Entwicklungen auf dem Aktienmarkt.»

Luba Schönig – Co-Founderin «UMushroom»

Kleinanlegern eine Stimme geben

«Die Mehrheit verpasst so die ganzen Entwicklungen auf dem Aktienmarkt und übt die Stimme ihres Geldes nicht aktiv aus», beklagt Schönig. Schliesslich heisse Investieren auch immer zu einem gewissen Grad, eine Firma gutzuheissen und finanziell zu unterstützen. Dieser Stimme sind sich potenzielle Anleger nicht bewusst.

Für Schönig und Zimmermann ging derweil der «Corporate-Alltag mit unendlichen Sitzungen» weiter. Schönig: «Irgendwann fragst du dich, was du dazu beiträgst, dass die Welt etwas besser wird.» Die beiden hätten keine Antwort gehabt – und gehandelt («irgendwann ist genug darüber gesprochen worden»).

So wurde schliesslich im Rahmen eines gemeinsamen Nachtessens im Februar 2019 «UMushroom» ins Leben gerufen. Zimmermann: «Wir haben für uns gefragt, was bräuchten wir alles, um unsere eigenen Anlageberaterinnen zu sein.» Diese Auslegeordnung sei der Startschuss gewesen.

Start-up-Stimmung: «UMushroom» ist nahe des Zürcher Viadukts zu Hause.
Start-up-Stimmung: «UMushroom» ist nahe des Zürcher Viadukts zu Hause.20min/Michael Scherrer

«Do-it-Yourself-Anlageplattform»

Fünf Jahre später zählt das Start-up rund 20 Mitarbeitende in Zürich und über Schönigs Herkunft Bulgarien verteilt («vor allem Sofia, aber auch andere Städte») – und hat eine Community von rund 7000 Userinnen und Usern in der DACH-Region, UK, Spanien und den Niederlanden, die sich über «UMushroom» aus-, weiterbilden und ihre Aktienportfolios mithilfe von Echtzeit-Daten zusammenstellen könnnen. Schönig: «Eine Do-it-Yourself-Anlageplattform, wie das Tripadvisor für Ferien war, zu Beginn zumindest.»

Zimmermann: «Unser grosses Anliegen ist es, jeden dahinzubringen, dass er selbstbewusst sich informieren, ausprobieren, Erfahrungen sammeln kann und sich von den grossen Finanzinstituten emanzipieren kann.» Es sei ähnlich wie beim Kochen: «Man kann noch lange Rezepte lesen, am Ende muss man einmal kochen.»

«Bei uns profitieren alle drei Seiten.»

Tonia Zimmermann – Co-Founderin «UMushroom»

Philanthropie ja, aber ...

Sehr viel Philanthropie. Ein wichtiger Bestandteil, wie die Gründerinnen immer wieder betonen. Nur sprechen wir hier nicht von Social Entrepreneurship. Die beiden haben ein Start-up gegründet, das fliegen und auf den ganzen Globus ausgebreitet werden soll. Heisst: Breakeven ist das nächste Ziel.

Das Revenue-Modell dabei ist relativ simpel. Zimmermann erklärt: «Bei uns profitieren alle drei Seiten. Die Anleger erhalten Zugang zum Markt. Asset Manager profitieren, da ihre Produkte besser sichtbar werden. Und der Banker bzw. der Broker, weil er am Ende mehr Anleger kriegt.» Da sei es logisch, dass auf allen drei Seiten auch monetarisiert werde. Logisch. Wenn Erfahrung auf Unternehmertum trifft, wirkt vieles naheliegend. Oder: Die Pilze wachsen dann halt auf nährreichem Boden.

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Silvan Haenni (sih) arbeitet seit 2021 bei 20 Minuten, leitet seit 2023 das Wirtschaftsressort und amtet bis 2025 als Leiter Spezialprojekte.

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