Bundesrat kappt Witwenrente: Witwer Max Beeler ist enttäuscht

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Witwenrente«Absturz in die Armut»: Witwer Max Beeler kritisiert Bundesrat

Nach dem Urteil aus Strassburg gegen die Schweiz will der Bundesrat die lebenslange Witwenrente streichen. Witwer Max Beeler, der mit seiner Klage alles ins Rollen brachte, warnt vor drastischen Folgen.

Darum gehts

  • Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg verurteilte die Schweiz vor zwei Jahren wegen Diskriminierung von Männern. Anders als Frauen erhalten verwitwete Männer keine lebenslange Hinterlassenenrente.
  • Am Mittwoch beschloss der Bundesrat, die Ungleichbehandlung zu beseitigen, indem Witwen schlechter gestellt werden. Betroffen sind auch bestehende Renten.
  • Dies war nicht im Sinn von Witwer Max Beeler, der die Gesetzesänderung mit seiner Klage anstiess: «Eine Verwitwung würde dann in fast allen Fällen einen Absturz in die Armut bedeuten», sagt er.

Max Beeler kämpfte durch alle Instanzen gegen die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Rente für Hinterbliebene. Nach zehn Jahren erhielt der Appenzeller Witwer in Strassburg recht.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) rügte die Schweiz dafür, dass Witwen eine lebenslange Rente erhalten, Witwer aber nicht. Diese Diskriminierung will der Bundesrat nun beseitigen, indem er die Witwen schlechter stellt.

Witwenrente: Das entschied der Bundesrat

Am Mittwoch beschloss der Bundesrat, die lebenslange Witwenrente zu streichen. Künftig sollen Witwen und Witwer die Rente nur noch bis zum 25. Lebensjahr des jüngsten Kindes erhalten. Und zwar unabhängig vom Zivilstand der Eltern.
Für Hinterbliebene ohne unterhaltspflichtige Kinder ist eine zweijährige Übergangsrente vorgesehen. Wer über 58 Jahre alt ist und armutsgefährdet, kann im Rahmen der Ergänzungsleistungen ebenfalls unterstützt werden.
Auch bestehende Renten wären nicht garantiert. Wer bei der Einführung der neuen Reform unter 55 Jahre alt ist, soll die Rente nur noch zwei Jahre lang erhalten. Durch die Anpassung sollen bei der AHV mehrere Hundert Millionen Franken gespart werden. (dba)

Witwer und Kläger Max Beeler ist enttäuscht

Max Beeler, der mit seiner Klage alles ins Rollen brachte, ist enttäuscht vom Bundesrat. Nach dem Tod seiner Frau gab der Appenzeller seinen Job auf und zog die beiden Töchter, die damals knapp zwei und vier Jahre alt waren, alleine auf.

Nach so vielen Jahren als Alleinerziehender falle der Berufseinstieg schwer. Komme das Gesetz in dieser Form durch, habe dies fatale Folgen: «Eine Verwitwung würde dann in fast allen Fällen einen Absturz in die Armut bedeuten», sagt Beeler.

Findest du es gut, dass der Bundesrat die lebenslangen Witwenrenten abschaffen will?

Nach dem EGMR-Urteil war die Freude riesig. Dass der Bundesrat die Diskriminierung von Männern beendet, indem er Witwen schlechter stellt, hätte er damals aber nicht für möglich gehalten. Anstatt die lebenslangen Witwenrenten abzuschaffen, solle der Bund sie auch für Witwer einführen: «Die Witwerrente soll in die Altersrente übergehen», so Beeler.

Thomas Aeschi (SVP) begrüsst «schlanke» Vorlage

Der Bundesrat rechnet damit, dass das überarbeitete Gesetz bis 2026 in Kraft tritt. Zuerst aber kommt die Vorlage ins Parlament. Dort gehen die Meinungen auseinander.

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi begrüsst die Abschaffung von lebenslangen Hinterlassenenrenten: «Die Mehrkosten für die 13. AHV-Rente müssen an anderen Orten eingespart werden.»
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi begrüsst die Abschaffung von lebenslangen Hinterlassenenrenten: «Die Mehrkosten für die 13. AHV-Rente müssen an anderen Orten eingespart werden.»20min/Stefan Lanz

SVP-Nationalrat Thomas Aeschi begrüsst die «schlanke» Vorlage. Diese stelle die Witwen den Witwern gleich und führe gleichzeitig zu Einsparungen: «Wegen des Ja zur 13. AHV-Rente kommen grosse Mehrkosten auf die AHV-Kasse zu. Diese müssen an anderen Orten eingespart werden.»

Sarah Wyss (SP) will eine Anpassung nach oben

SP-Nationalrätin Sarah Wyss begrüsst, dass die Frauen den Männern gleichgestellt werden. Sie kritisiert aber, dass es eine Angleichung nach unten ist: «Eine Abbauvorlage war nie das Ziel. Das einzig Richtige wäre es gewesen, die Situation für Witwer zu verbessern.»

SP-Nationalrätin Sarah Wyss (SP) kritisiert die Angleichung nach unten: «Das einzig Richtige wäre es gewesen, die Situation für Witwer zu verbessern.»
SP-Nationalrätin Sarah Wyss (SP) kritisiert die Angleichung nach unten: «Das einzig Richtige wäre es gewesen, die Situation für Witwer zu verbessern.»20min/Matthias Spicher

Den Einwand mit der 13. AHV-Rente lässt sie nicht gelten. Diese werde zur Ausrede für alles: «Die Bürgerlichen wollen sich alles Mögliche leisten. Wenn es aber um die Menschen geht, ist plötzlich kein Geld mehr da.»

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Delia Bachmann (dba), Jahrgang 1993, arbeitet seit 2024 für 20 Minuten. Als Redaktorin im Ressort Politik berichtet sie über das Geschehen in Bundesbern.

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