Chinesische Bande zockt Casino Zürich um 143'000 Fr. ab

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ZürichChinesische Bande zockte Casino um 143'000 Fr. ab: Anführer verurteilt

Ein 51-jähriger Chinese hat mit einer Gruppe von Betrügern das Casino Zürich um über 143'000 Franken erleichtert. Trotz Verurteilung bleibt er auf freiem Fuss.

Darum gehts

  • Eine chinesische Bande hat das Casino Zürich um 143'485 Franken betrogen.
  • Der Haupttäter P.F. wurde zu einer bedingten Freiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt.
  • Die Gruppe filmte die Karten mit einem Handy, um beim Spiel Punto Banco zu gewinnen.
  • Das Casino wurde für mangelnde Sicherheitsvorkehrungen kritisiert.

Mit einem präparierten Handy und einigen Ablenkungsmanövern gelang es einer chinesischen Betrügerbande im März 2024, das Casino Zürich um 143'485 Franken abzuzocken. Beim «grössten Coup der Schweizer Glücksspielszene», wie ihn die «NZZ» bezeichnet, scheitern die elf Chinesinnen und Chinesen an ihrer eigenen Gier: Als sie am Abend des 27. März 2024 zum dritten Mal innert zweier Tage das Casino aufsuchen, um das Glücksspiel Punto Banco, eine Baccarat-Abwandlung, zu spielen, schlägt die Falle zu.

Die «Chinese 11» werden abgeführt und verhaftet. Mit dem Traum vom schnellen Geld ist es damit vorbei. Der von der Staatsanwaltschaft als Chef der Gruppe angesehene P.F.* (51) verbrachte anschliessend 105 Tage in Untersuchungshaft. Am Donnerstag wurde der von der Verhandlung dispensierte F. vom Zürcher Bezirksgericht zu einer bedingten Freiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt. Bleibt er in den nächsten zwei Jahren straffrei, muss er die Haftstrafe nicht antreten.

Handykamera filmte Karten

Beim Betrug am Punto Banco-Tisch geht die chinesische Gruppe mit einfachen Mitteln, aber raffiniert vor: Während der Chef die gemischten Karten wie vorgesehen in zwei Stapel teilt, lenken Komplizinnen den Croupier und die Aufpasser des Casinos ab. Der Boss fächert den Stapel kurz auf, damit seine Telefonkamera die Kartenecken filmen kann.

Dann verlässt der Filmer mit seinen Kollegen das Casino, die Gruppe merkt sich im um die Ecke parkierten Auto die Reihenfolge des Kartenstapels. Bei der Rückkehr ins Casino gesellen sich dann weitere Komplizen an den Tisch und setzen so auf Signal des Chefs hohe Summen auf Punto oder Banco.

Die Gruppe zockte das Casino an einem Tag um über 143'000 Franken ab.
Die Gruppe zockte das Casino an einem Tag um über 143'000 Franken ab.IMAGO/Depositphotos

Chef kassierte bis zu 70 Prozent

Beim ersten Versuch, dem «Test», gewann P.F. 2000 Franken. Beim nächsten Anlauf am gleichen Tag waren es gleich 25'700 Franken. Seine Mitspielerinnen und Mitspieler gingen nicht leer aus: Sie liessen sich Spieljetons im Wert von 117'785 Franken auszahlen. Der hohe Gewinn erweckte Verdacht – und führte bei der Rückkehr der Bande zur Verhaftung.

Wie sein Verteidiger am Donnerstag im Gerichtssaal ausführte, war F. dann auch geständig. Obwohl er zwischen 50 und 70 Prozent des Gewinns der Gruppe abkassiert hat, sei er aber nicht der Kopf der Bande gewesen. «Indem er die Karten beim Schneiden filmte, setzte er sich dem grössten Risiko aus, erwischt zu werden.» Von langer Hand geplant sei der Betrug auch nicht gewesen, so der Anwalt, der die Komplizen als «lose zusammengewürfelter Haufen» und als «Trittbrettfahrer» bezeichnete.

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Von Damen abgelenkt

Der Anwalt gab dem Casino Zürich eine Mitverantwortung am Coup. So sei die angewandte Betrugsmasche einschlägig bekannt, Anleitungen dazu gebe es sogar im Internet. «Das Casino hat sich relativ einfach hereinlegen lassen.»

Es wäre zu erwarten, dass das Casino gewisse Vorsichtsmassnahmen getroffen hätte, um das Filmen der Karten zu verhindern. Das Gegenteil sei aber der Fall gewesen: «In den entscheidenden Phasen liessen sich sogar die Inspektoren von Damen ablenken.»

Mehrere 100'000 Euro Schulden

Strafmildernd seien auch die persönlichen Lebensumstände von F. zu werten, argumentierte der Verteidiger: «Er hat nur eine rudimentäre Schulbildung erhalten, ist geschieden und hat drei Kinder, die er finanziell unterstützt.» Aktuell halte sich F. aufgrund des chinesischen Neujahrsfestes in China auf. «Er wird aber wieder nach Norditalien zurückkehren, wo er in der Textilbranche arbeitet.»

Der Anwalt betonte, dass F. den Casino-Coup aus finanzieller Not gewagt habe. «Er hat in China hohe Schulden, es sind mehrere Hunderttausend Euro.» Die bedingte Freiheitsstrafe von elf Monaten akzeptiere sein Mandant. «In Berufung werden wir nicht gehen.»

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Daniel Krähenbühl (dk) arbeitet seit 2017 für 20 Minuten. Er leitet das Ressort Zürich und Luzern mit Fokus auf Stadtpolitik, Kriminalität, Gesellschaft und Recherche.

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