Antisemitismus in Bern«Drohungen, Diffamierungen» – Vorwürfe spalten Kulturszene
Eine Gruppe Kulturschaffender kritisiert in einem offenen Brief an die Stadt antisemitische Tendenzen in der Kulturkommission und fordert Schutz für Künstler.

Darum gehts
- Eine Gruppe Berner Kulturschaffender kritisiert antisemitische Tendenzen in der Kulturkommission der Stadt Bern.
- In einem offenen Brief fordern sie Schutz für Künstler und thematisieren Angriffe auf Sophie Hunger und das Kulturhaus «Dampfzentrale».
- Die Stadtpräsidentin Marieke Kruit weist die Vorwürfe zurück und betont, dass Rassismus und Antisemitismus inakzeptabel seien.
Eine Gruppe Berner Kulturschaffender wendet sich in einem offenen Brief an die Berner Stadtpräsidentin, die Mitglieder des Gemeinderats und den Stadtrat. Darin kritisieren sie, dass «die Kulturförderung der Stadt Bern» ein strukturelles Problem habe, und zeigen sich besorgt über eine zunehmende Polarisierung und antisemitische Tendenzen in der Kulturszene.
Als Beispiel nennen sie die Angriffe auf die Musikerin Sophie Hunger und auf das Berner Kulturhaus «Dampfzentrale», in dem sie bald auftreten soll. Pro-Palästina-Aktivisten würden versuchen, den Auftritt zu verhindern. Sie kritisieren Hunger wegen ihrer Mitwirkung am Lied «Oktober in Europa» der deutschen Hip-Hop-Band «Antilopen Gang». In dem Song wird der Anstieg von Antisemitismus in Europa thematisiert, wie der «Bund» berichtete.
Kulturförderung der Stadt im Fokus der Kritik
Weiter heisst es in dem Brief, dass diese und ähnliche Vorfälle sinnbildlich für ein tieferliegendes, strukturelles Problem in der Kulturförderung der Stadt Bern stehen würden. Besonders beunruhigend sei dabei, dass die Angriffe aus dem direkten Umfeld der Berner Kulturkommission kämen – also ausgerechnet von jener Institution, die sich eigentlich für eine offene, vielfältige und diskriminierungsfreie Kulturlandschaft einsetzen sollte.
«Wir sind nicht einverstanden damit, dass durch öffentliche Förderstrukturen eine Atmosphäre entsteht, in der Drohungen, Diffamierungen und ideologische Lagerbildung möglich sind – unabhängig davon, wie einzelne Positionen im politischen Diskurs ausfallen», so die Verfasser des Schreibens.
«Aktuell gibt es keinen Anlass für Sicherheitsbedenken»
Die Verfasser fordern, dass die Stadt Bern die Mehrkosten für die Sicherheit übernimmt. Dies sei nötig, weil viele Menschen wegen Sophie Hunger nach Bern kommen – und die Stadt laut dem Brief eine Mitverantwortung für die angespannte Situation trage.
«Aktuell gibt es keinen Anlass für Sicherheitsbedenken», teilt Alec von Graffenried, Gemeinderat und Sicherheitsdirektor der Stadt Bern, auf Anfrage von 20 Minuten mit. Sophie Hunger sei eine wichtige Stimme und es gebe keine Gründe, dass die Veranstaltungsreihe nicht wie geplant stattfinden könne.

Stadtpräsidentin kann Vorwürfe nicht nachvollziehen
Auch die Berner Stadtpräsidentin Marieke Kruit weist die Vorwürfe aus dem offenen Brief zurück: «Rassismus, Antisemitismus und andere Formen der Diskriminierung sind inakzeptabel», teilt sie auf Anfrage von 20 Minuten mit. Den Vorwurf struktureller Probleme in der Berner Kulturförderung könne die Stadt nicht nachvollziehen.
Die Mitglieder würden ihre Arbeit mit grosser Sorgfalt, Fairness und viel Sachverstand ausüben. «Ich habe grosses Vertrauen in die Kulturkommission», so Kruit.
Unterstützung aus der Politik
«Wir haben dem Gemeinderat kritische Fragen zum linken Antisemitismus im Kulturbereich gestellt», teilt Alexander Feuz von der SVP-Fraktion Stadt Bern auf Anfrage von 20 Minuten mit. Er sagt, Mitglieder der städtischen Kulturkommission würden ihre Haltung kompromisslos durchsetzen.
Die übrigen Stadtratsparteien äusserten sich innerhalb der gesetzten Frist nicht zur Anfrage von 20 Minuten.
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Anina Schutz (aus) arbeitet seit 2025 für 20 Minuten. Sie ist Praktikantin im Ressort Bern.
