Agentenring aufgeflogenSie spionierten für Putin: «Jackie Chan» und «Minions» verurteilt
Die Spione benutzten Film-Codenamen und planten Anschläge auf Journalisten und Kreml-Kritiker: Sechs Bulgaren wurden in London zu langen Haftstrafen verurteilt.
Darum gehts
- Ein Agentenring aus sechs Bulgaren spionierte für Russland und erhielt in London lange Haftstrafen.
- Die Spione verwendeten Codenamen aus Filmen und planten Angriffe auf Kreml-Kritiker.
- Operationen fanden in Grossbritannien, Deutschland, Österreich, Spanien und Montenegro statt.
- Der Anführer leitete die Aktionen von einem Gästehaus in Ostengland.
Sechs Bulgaren, die für Russland spionierten, wurden am Montag vom Strafgerichtshof Old Bailey in London zu insgesamt 50 Jahren Haft verurteilt. Die Spionage-Operationen, die die vier Männer und zwei Frauen durchführten, waren laut «Mirror» einige der «grössten und komplexesten», die jemals auf britischem Boden aufgedeckt wurden.
Im Auftrag des russischen Geheimdienstes GRU hatte die Gruppe zwischen 2020 und 2023 in Grossbritannien, in Deutschland, Österreich, Spanien und Montenegro gezielt spioniert. Sie hätten Journalisten, Diplomaten und ukrainische Soldaten ins Visier genommen und darüber gesprochen, Kreml-Gegner zu entführen oder zu ermorden.

Codenamen aus bekannten Filmen
Das Netzwerk verwendete Codenamen aus bekannten Filmen: Der Anführer nannte sich Jackie Chan und sein Kumpel Mad Max oder Jean-Claude Van Damme. Ihre Untergebenen wurden «Minions» genannt, nach den Figuren aus der Zeichentrickserie «Ich – Einfach unverbesserlich», die einem Bösewicht namens Gru folgen.
Der Anti-Terror-Chef der Londoner Polizei, Dominic Murphy, sprach von «industriemässiger Spionage im Auftrag von Russland». «Hinter diesen Spitznamen verbarg sich eine äusserst ausgeklügelte Geheimdienstoperation, die eine Bedrohung für die nationale Sicherheit und Einzelpersonen, darunter Journalisten, darstellte», sagte Murphy.
Wie und wo operierte der Ring?
Der Chef des Rings soll die Operationen von einem früheren Gästehaus an der Nordsee in Ostengland aus geleitet haben. Nach Angaben der Anklage arbeitete der Anführer des Rings für Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek, der als Agent für Russland agiert haben soll. Der Österreicher ist mittlerweile untergetaucht und wird von Interpol wegen Betrugs gesucht.

Bei einer Operation versuchten die Spione laut Anklage, einem Journalisten, der den Giftanschlag mit dem in der Sowjetunion entwickelten Nervenkampfstoff Nowitschok auf den russischen Ex-Spion Sergei Skripal und seine Tochter Julia Anfang März 2018 in Salisbury aufdeckte, eine sogenannte Honigfalle zu legen. Das bedeutete, dass ein 30 Jahre altes weibliches Mitglied der Gruppe den Auftrag bekam, mit dem Mann eine Romanze zu beginnen, um ihm Informationen zu entlocken.
Der 47-jährige Orlin Roussew, Kopf des Spionagerings, sein Stellvertreter, der 44 Jahre alte Biser Dzhambazow und der 33-jährige Ivan Stoyanow zeigten sich vor Gericht geständig. Roussew wurde zu zehn Jahren und acht Monaten Haft verurteilt, Dzhambazow zu zehn Jahren und zwei Monaten.

Die 30-jährige Spionin Vanya Gaberova wurde zu sechs Jahren und acht Monaten Haft verurteilt, die 33-jährige Katrin Ivanova bekam eine Gefängnisstrafe von neun Jahren und acht Monaten. Ein 39-jähriges männliches Mitglied des Rings, Tihomir Ivanov Ivanchev, erhielt acht Jahre Haft, der 33-jährige geständige Ivan Stoyanow wurde zu fünf Jahren und drei Wochen Gefängnis verurteilt. Nach ihrer Entlassung aus der Haft droht allen Verurteilten die Abschiebung.
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Karin Leuthold (kle), Jahrgang 1968, arbeitet seit 2005 für 20 Minuten und ist derzeit am Newsdesk tätig.
