Hotel in Blatten VS wegen Felssturzgefahr evakuiert

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Blatten VS«Sehen dauernd Staubwolken»: Hotel-Betreiberinnen zittern um Dorf

Wegen Felssturzgefahr musste am Wochenende ein Teil des Dorfes Blatten im Lötschental evakuiert werden – am Montag wurde die Gefahrenstufe ausgeweitet. Die Bewohnenden haben Angst.

Darum gehts

  • Wegen Felssturzgefahr wurde der südliche Teil von Blatten VS im Lötschental evakuiert.
  • Das Hotel Breithorn musste seine Türen vorübergehend schliessen.
  • Die Inhaberinnen sind auf die Einnahmen angewiesen und hoffen auf eine baldige Wiedereröffnung.

Wegen der Gefahr eines Felssturzes musste am Samstagabend der südliche Teil von Blatten VS im Lötschental evakuiert werden. Am Montag meldete die Gemeinde, dass die Instabilität «eine konkrete Gefahr durch mögliche Bergstürze» darstelle. Der Evakuationsaufruf wurde ausgeweitet, ab 11.30 Uhr müssen alle Anwohnerinnen und Anwohner das Dorf verlassen haben.

Die Ausweitung der Evakuation trifft die Bewohner tief: «Das ist meine Existenz, mein Geburtsort. Für alle im Dorf ist das sehr schlimm», sagt Brigitte Lehner, Mitinhaberin des Hotel Breitenhorn in Blatten unter Tränen.

«Den ganzen Tag kommt Material runter»

Der Anblick des Berges sei beängstigend: «Ich sehe von weitem permanent Staubwolken aufsteigen. Den ganzen Tag kommt Material runter», sagt sie. Sie durfte nicht einmal mehr in ihr Hotel zurück: «Niemand, der evakuiert wurde, durfte zurück – wir mussten alles zurücklassen. Ich weiss nicht, wie das Dorf aussieht, wenn der Berg kommt.» Die einzige Hoffnung nun laut Lehner: «Dass nicht der ganze Berg auf einmal runterkommt.»

Trotzdem sei die Solidarität gross: Viele evakuierte Familien konnten vorübergehend in leerstehenden Ferienwohnungen unterkommen, sagt Lehner. «Wir Dorfbewohner halten zusammen!»

«Wir mussten schnell reagieren»

Das Hotel Breithorn musste bereits am Samstag vollständig evakuiert werden. «Das ging alles ganz schnell», erzählt Lehner. «Wir wussten zwar, dass die Situation am Fels kritisch ist – wir sehen das Nesthorn direkt vom Hotel aus.» Trotzdem kam die Evakuierungsanordnung sehr überraschend: «Damit haben wir am Abend gar nicht gerechnet.»

Mitglieder der Gemeindebehörden seien am Samstagabend persönlich im Hotel vorbeigekommen, um über eine Infoveranstaltung um 19.30 in der Turnhalle zu informieren. «Dort hat man uns eine Karte des Gefahrengebiets gezeigt – unser Hotel lag klar in der roten Zone», so Lehner.

Bis spätestens um 21.30 habe man das Gebiet verlassen müssen: «Wir mussten dann schnell reagieren. Viel Zeit hatten wir nicht – vielleicht etwas mehr als eine Stunde.» Im Hotel hätten sie zwar nur drei Gäste gehabt, aber das Restaurant sei voll besetzt gewesen. «Wir informierten die Gäste dann selber darüber, dass sie die Lokalität verlassen müssen.» Einige hätten in ein anderes – noch geöffnetes – Hotel in der Nähe wechseln können, andere seien mit dem Auto abgereist. «Das war zwar alles sehr hektisch, doch die Gäste haben sehr verständnisvoll reagiert.»

Für Brigitte Lehner (rechts) und ihre Schwester Marie-Madlen (links) ist die vorübergehende Schliessung des Hotels mit erheblichen finanziellen Einbussen verbunden.
Für Brigitte Lehner (rechts) und ihre Schwester Marie-Madlen (links) ist die vorübergehende Schliessung des Hotels mit erheblichen finanziellen Einbussen verbunden.Hotel Breithorn

Frische Ware könnte verderben

Zusammen mit ihren Angestellten habe Lehner im Hotel und Restaurant noch schnell alles aufgeräumt, Geräte abgestellt und die wichtigsten Dinge zusammengesucht – etwa die Unterlagen mit den Hotelreservationen, um die kommenden Gäste über die vorübergehende Schliessung zu informieren. «In den letzten fünf Minuten kam mir zum Glück auch noch in den Sinn, das Telefon auf mein Handy umzuleiten.»

Um sich um die frische Ware, vor allem Gemüse und Früchte, im Kühlschrank zu kümmern, sei keine Zeit mehr geblieben. «Wenn wir nicht bald mal kurz ins Gebäude dürfen, wird wohl einiges verderben.» Sie hoffe, dass es bald ein Zeitfenster gebe, um Lebensmittel aus dem Hotel zu holen.

«Wir sind froh um jeden Franken»

Wie lange das Hotel geschlossen bleiben muss, sei unklar. Für einen kleinen Familienbetrieb, wie jener von ihr und ihrer Schwester, sei diese Ungewissheit sehr belastend. «Können wir auf die Sommersaison hin überhaupt wieder aufmachen?», fragt sie sich etwa.

Auch finanziell treffe sie die Schliessung deutlich: «Gerade weil viele andere Hotels in der Zwischensaison zu haben, ist der Mai für uns ein relevanter Monat.» Jeden Tag ohne Einnahmen bekämen sie zu spüren: «Wir sind froh um jeden Franken. Ein ordentlicher Betrag fällt uns nun weg.»

Lehner findet Evakuierung richtig

Trotz allem steht Lehner hinter dem Entscheid der Gemeindebehörden: «Ich finde den Entscheid richtig. Es war kein Schnellschuss – die Behörden haben gut informiert und klar kommuniziert.»

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Mikko Stamm (mik) arbeitet seit 2022 als Videojournalist und Reporter für 20 Minuten, seit 2024 im Ressort News und Gesellschaft.

Anja Zobrist (zoa) ist Redaktorin und Content Creator im Ressort News und Gesellschaft. Das Journalistenhandwerk erlernte sie an der Ringier Journalistenschule in Zürich. Anschliessend absolvierte sie den CAS Innovation im Journalismus an der ZHAW Winterthur und dem MAZ Luzern.

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