Zollverhandlungen«Kippt das US-Gericht die Zölle, ist der Schweiz-Deal irrelevant»
Bei den US-Zollverhandlungen scheint ein Durchbruch gelungen zu sein. Gleichzeitig läuft ein Gerichtsverfahren in den USA dazu, ob Donald Trumps Zölle überhaupt zulässig sind: Tappt die Schweiz in eine Vertragsfalle?
Darum gehts
- Die Erwartungen für einen neuen Zolldeal sind hoch: Gelungen sei nun eine Redutktion der Zölle auf 15 Prozent.
- Doch die Rolle des US-Supreme Court sorgt für Unsicherheit: Könnte sich die Schweiz in eine Zoll-Falle manövrieren?
- Krista Nadakavukaren bezweifelt das: «Mit einem Urteil des Supreme Courts, der die Zölle für unzulässig erklärt, würde auch die Erklärung zwischen der Schweiz und den USA irrelevant werden.»
Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Staatssekretärin Helene Budliger Artieda sind am Freitagmorgen aus den USA zurückgekehrt. Nun steht fest: Die Schweiz hat einen neuen Deal, der die Zölle von 39 auf 15 Prozent senkt.
Gleichzeitig warnt die Wirtschaft: Ein separater Deal mit den USA könne ein Urteil des Supreme Courts torpedieren (siehe Box): «Falls Trump unrechtmässig gehandelt hat, könnte ein neuer Deal sogar nachteilig sein, weil er eine Rückkehr zum alten Zustand verhindern würde», befürchtet etwa Patrick Dümmler vom Schweizerischen Gewerbeverband (SGV).
Sind Trumps Zölle illegal?
Ist diese Sorge berechtigt? Manövriert sich die Schweiz in einen Vertrag, der sie an Zölle bindet, die bald fallen könnten? Expertin Krista Nadakavukaren Schefer klärt auf.
Frau Nadakavukaren Schefer, was passiert, wenn der Supreme Court Donald Trump zurückpfeift?
Der Supreme Court prüft derzeit, ob Donald Trump auf der Grundlage des «International Emergency Economic Powers Act» (IEEPA) überhaupt die Zölle ausrufen darf – es geht um seine Kompetenz und die Kompetenzen des Kongresses. Entscheidet der Supreme Court, dass er das nicht darf, würden die aktuellen Zölle wegfallen. Gleichzeitig bedeutet das aber nicht, dass Trump gar keine Zölle durchsetzen darf.
Sondern?
Der US-Präsident müsste sich in der Folge auf andere Gesetze verlassen, bei denen der Präsident aber strengere Vorgaben einhalten müsste. Dies bedürfe etwa parlamentarischer Aufsicht oder Reporting. Kollektiv auf alle Sektoren Zölle ohne Befristung zu erheben, wäre aber nicht mehr möglich.
Die Expertin
Was bedeutet das für die Schweizer Zollverhandlungen?
Würde der Supreme Court Trump die Rechtsgrundlage entziehen, fallen auch die aktuellen Zölle für die Schweiz weg, da sie auf dem IEEPA begründet wurden.
«Mit einem Urteil des Supreme Courts, der die Zölle für unzulässig erklärt, würde auch die Erklärung zwischen der Schweiz und den USA irrelevant werden.»
Nun verhandelt die Schweiz aber über einen separaten Zolldeal: Würde dieser weiterhin gelten, wenn der Oberste Gerichtshof entscheidet, dass die weltweiten Zölle illegal sind?
Mit einem Urteil des Supreme Courts, der die Zölle für unzulässig erklärt, würde auch die Erklärung zwischen der Schweiz und den USA irrelevant werden.
Es macht also Sinn, jetzt mit den USA zu verhandeln – trotz des Gerichtsprozesses?
Aus wirtschaftlicher Perspektive ja, weil so oder so die Schweiz gewinnt: Wenn der US Supreme Court Trump recht gibt und der US-Präsident seine Zölle behalten darf, dann hätte die Schweiz mit den 15 Prozent einen tieferen Zollsatz als zuvor. Erklärt der Oberste Gerichtshof die Zölle für illegal, wäre das ebenfalls positiv für die Schweiz, weil dadurch die Grundlage für die Einigung zwischen der Schweiz und den USA wegfallen würde.
Trump kann aber immer noch Zölle erlassen, auch wenn er den Prozess verliert. Was passiert dann?
Wenn Trump neue Zölle auf der Grundlage anderer (nicht-IEEPA) US-Gesetze beschliesst, wäre es vorstellbar, dass die Schweiz neu verhandeln – oder vor Gericht gehen – muss. Das wäre aber eine tendenziell bessere Ausgangslage für die Schweiz, weil Trump nicht mehr pauschal sektorübergreifende Zölle erlassen kann, weil die anderen Gesetzesgrundlagen strengeren Vorlagen für einen Exekutivbeschluss unterliegen.
Hätte die Schweiz mit einer Klausel vertraglich festhalten können, dass ein Deal automatisch endet, falls der Supreme Court die US-Zölle kippt?
Theoretisch schon, aber das wäre verhandlungstaktisch riskant gewesen mit Hinblick auf die persönliche Rolle des Präsidenten im Entscheidungsprozess zusammen mit seinem Wunsch, dass das Gericht anders entscheidet. Schliesslich will die Schweiz ja die Zölle senken und das Gerichtsurteil des Supreme Courts greift auch ohne Klausel.
Bode Obwegeser (bod) ist Praktikant im Ressort Politik. Dabei darf der Politikstudent die Schweizer Politik hautnah erleben.
