Parlament spart 1,7 Mio.: E-ID droht sich zu verzögern

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BudgetstreitWeil Parlament sparen will, musst du wohl länger auf E-ID warten

Knapp zwei Millionen Franken forderte das Bundesamt für Justiz, um damit die IT-Spezialisten zu bezahlen, welche die E-ID bis nächsten Herbst entwickeln sollen. Doch das Parlament hat das Geld gestrichen – nun drohen Verzögerungen.

Darum gehts

  • Das Parlament kürzte das Budget für die E-ID um 1,7 Millionen Franken.
  • Die Mittel waren für die Entwicklung der digitalen Identität bis Herbst 2026 geplant.
  • Experten warnen nun vor einer Verspätung bei der Einführung.
  • Die E-ID wurde zuvor vom Volk knapp angenommen.

Der Budgetposten klingt unspektakulär: «Kürzungen im Personalaufwand des Bundesamtes für Justiz, -1,7 Millionen», heisst es in der Mitteilung der nationalrätlichen Finanzpolitiker.

Im September jubelten die E-ID-Befürworter noch über ihren knappen Sieg: Das Volk hatte mit 50,39 Prozent der Stimmen Ja gesagt zur digitalen Identität. Doch nun droht sich die Einführung zu verzögern.
Im September jubelten die E-ID-Befürworter noch über ihren knappen Sieg: Das Volk hatte mit 50,39 Prozent der Stimmen Ja gesagt zur digitalen Identität. Doch nun droht sich die Einführung zu verzögern.20min/Stefan Lanz

Doch dahinter steht mehr, als auf den ersten Blick ersichtlich ist: Das Geld wäre nötig, um die vom Volk kürzlich hauchdünn beschlossene E-ID wie geplant bis zum Herbst 2026 «serienreif» zu machen.

Fehlt das Geld, drohen Verzögerungen, wie Insider gegenüber 20 Minuten bestätigen. Und sie sagen auch, dass das Bundesamt für Justiz die Politikerinnen und Politiker explizit auf diesen Umstand hingewiesen hat.

Sarah Wyss (SP/BS) bestätigt die drohenden Verzögerungen in einem Instagram-Post. «1,7 Millionen werden gestrichen, im Wissen darum, dass dieses Geld für die Umsetzung der E-ID benötigt würde.»

Für das Projekt E-ID ist das Bundesamt für Justiz von Beat Jans (SP) zuständig.
Für das Projekt E-ID ist das Bundesamt für Justiz von Beat Jans (SP) zuständig.20min/Dominic Forstenhauser

Doch trotzdem haben beide Parlamentskammern beschlossen, das Geld zu streichen – und offenbar war ihnen die Tragweite ihres Entscheides doch nicht bewusst, sagt Jakob Stark (SVP/TG), der die ständerätliche Finanzkommission bis vor wenigen Tagen präsidierte. In seinen Worten: «Dass die Einführung der E-ID betroffen ist, war wohl nicht allen in dieser Klarheit bewusst.»

Verzögerungen «unverständlich»

Finanz- und IT-Politiker Gerhard Andrey (Grüne) kämpfte an vorderster Front für die neue digitale Identität. Zum Budget-Entscheid sagt er: «Wenn es zu Verzögerungen kommt, ist das nicht nur unverständlich, weil es einen Volksentscheid zur Einführung der E-ID gibt, sondern es ist auch finanzpolitisch unsinnig.»

Gerhard Andrey (Grüne/FR) fände Verzögerungen «unverständlich».
Gerhard Andrey (Grüne/FR) fände Verzögerungen «unverständlich».20min/Stefan Lanz

Eine Verzögerung würde seiner Meinung nach dazu führen, «dass die öffentliche Hand nicht von diesem Service public profitieren und Kosten sparen kann». Und am Ende würde eine Verzögerung nur die Gesamtkosten des Projekts erhöhen, findet der Freiburger.

«Budgethoheit des Parlaments»

Projekte wie die E-ID stünden «unter der Budgethoheit des Parlaments – das hat die Verwaltung so zu akzeptieren», sagt SVP-Finanzpoliter Lars Guggisberg. Und die Finanzlage sei nun mal angespannt.

Lars Guggisberg (SVP/BE) sagt, Verzögerungen könnten auch durch gutes Projektmanagement abgefangen werden.
Lars Guggisberg (SVP/BE) sagt, Verzögerungen könnten auch durch gutes Projektmanagement abgefangen werden.20min/Matthias Spicher

«Ich bezweifle, ob es wirklich zu Verzögerungen kommen wird», meint er. Denn wenn das Bundesamt für Justiz ein gutes Projektmanagement habe, könne es das abfedern.

Das Bundesamt für Justiz mauert – hat man einen Plan B?

Der Entscheid, die 1,7 Millionen Franken einzusparen, wurde von beiden Parlamentskammern übereinstimmend getroffen – er ist also ziemlich endgültig und könnte wohl nur noch umgestossen werden, wenn das ganze Bundesbudget im Umfang von über 80 Milliarden Franken abgelehnt würde.

Ständerat Jakob Stark (SVP/TG) meint, dass das zuständige Amt vielleicht Geld von anderen Budgetposten umschichten könnte.
Ständerat Jakob Stark (SVP/TG) meint, dass das zuständige Amt vielleicht Geld von anderen Budgetposten umschichten könnte.20min/Matthias Spicher

Trotzdem weicht das Bundesamt für Justiz, zu den Verzögerungen bei der E-ID befragt, aus: «Bestätigt das Parlament die Kürzung der Personalressourcen des BJ für das Jahr 2026 in der Schlussabstimmung, wird das BJ die Arbeiten im Hinblick auf die Umsetzung der Vorgaben für das neue Jahr unverzüglich aufnehmen», heisst es vielsagend. Und weiter: «Diesen Arbeiten und dem zu treffenden Entscheid kann nicht vorgegriffen werden.»

Ob es einen Plan B gibt, damit die E-ID zeitlich auf Kurs bleibt, will das Bundesamt nicht verraten.
Ob es einen Plan B gibt, damit die E-ID zeitlich auf Kurs bleibt, will das Bundesamt nicht verraten.20min/Matthias Spicher

Heisst das, man hat einen Plan B? Ständerat Jakob Stark (SVP/TG) meint: «Vielleicht kann das Bundesamt noch etwas umschichten. Zudem könnte das Departement mit Mitteln aus dem Ressourcenpool überbrücken.» Ob das der Plan ist, bleibt vage.

Soll der Bund bei Digitalisierungsprojekten wie der E-ID sparen?

Das Bundesamt für Justiz will sich über das obige Statement hinaus mit keiner weiteren Silbe dazu äussern. Doch am Freitag hat der Bundesrat entschieden, dass die E-ID eines der «Fokusthemen» der «Strategie digitale Schweiz 2026» sein soll.

Stefan Lanz arbeitet seit 2021 für 20 Minuten. Er ist Bundeshausjournalist mit langjähriger Erfahrung.

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