Wirkte hier das Giftgas Sarin?

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SyrienWirkte hier das Giftgas Sarin?

Es riecht nicht, es schmeckt nicht. Doch innert Sekunden kann es seine ganz schreckliche Wirkung entfalten: das Nervengas Sarin, das auch im syrischen Bürgerkrieg eingesetzt worden sein soll.

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«CNN» zeigte in einem Beitrag vom März 2013 tote Tiere auf einem Bauernhof in der Nähe der syrischen Stadt Aleppo. Todesursache könnte das Nervengas Sarin gewesen sein.

«CNN» zeigte in einem Beitrag vom März 2013 tote Tiere auf einem Bauernhof in der Nähe der syrischen Stadt Aleppo. Todesursache könnte das Nervengas Sarin gewesen sein.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ist davon überzeugt, dass Syriens Präsident Baschar al-Assad Raketen Chemiewaffen auf seine Gegner abgefeuert. «Es ist eindeutig, dass das Regime chemische Waffen und Raketen genutzt hat. Gemäss unseres Geheimdienstes haben sie etwa 200 Raketen eingesetzt», zitierte NBC den Regierungschef.

In türkischen Spitälern würden Patienten behandelt, die von diesen Chemiewaffen verletzt worden seien. Bei syrischen Spitalpatienten seien ebenfalls entsprechende Rückstände gefunden worden, berichtet «CNN».

Auch Carla del Ponte, Mitglied der Uno-Kommision zur Untersuchung von Kriegsverbrechen in Syrien, ist sich sicher, dass im syrischen Bürgerkrieg C-Waffen eingesetzt wurden. Allerdings sagte die frühere Schweizer Bundesanwältin und Chefanklägerin der Kriegsverbrechertribunale: «Wir haben Zeugenaussagen von Ärzten, Flüchtlingen in benachbarten Ländern und Spitalmitarbeitern, dass chemische Waffen verwendet wurden - nicht von der Regierung, aber von der Opposition.»

«Wer solche Waffen hat, setzt sie auch ein»

Welche Seite auch immer Giftgas eingesetzt haben soll – sicher ist: Der Ersteinsatz von Giftgas ist seit 1925 weltweit verboten. Doch mit jedem Tag, der verstreicht, wird es schwieriger, in Syrien Beweise für den Einsatz von chemischen Waffen zu finden. Das syrische Regime verweigert den Uno-Ermittlern den Zugang ins Land, die USA halten sich weiterhin zurück und suchen nach «konkreten Beweisen».

Sicher ist auch: Syrien hat das grösste Chemiewaffen-Programm der Welt. Präsident Assad hat zwar mehrmals versichert, niemals darauf zurückzugreifen. Doch, fragt sich etwa Nahostexperte Ulrich Tilgner, wieso hat Syrien diese Waffen denn? «Wer solche Waffen hat, der setzt sie auch ein.»

Man sabbert und erbricht, Darm und Blase entleeren sich

Nervenkampfstoffe wie Sarin sind bereits in sehr kleinen Mengen tödlich. Es wird dabei über die Augen, die Haut und die Atmungsorgane aufgenommen. Schützen kann man sich lediglich durch einen Ganzkörperschutzanzug – inklusive Maske.

Im Körper bewirkt Sarin eine Blockierung der Neurotransmitter in den Synapsen und es kommt zu einer Dauererregung der betroffenen Nerven. Ein vereinfachtes Beispiel: Haben wir trockene Augen, senden Neurotransmitter den Befehl aus, die Auge zu befeuchten. Ist das geschehen, zerstört ein Enzym den Neurotransmitter im Normalfall, weil dessen Aufgabe erledigt ist. Das Nervengas Sarin aber blockiert diesen Vorgang: Statt zerstört zu werden, gibt der Neurotransmitter dem Körper unablässig den Befehl, die Augen zu bewässern, ein unkontrollierbarer Tränenfluss ist die Folge.

Diesen Effekt hat Sarin nicht nur auf die Augen, sondern auch auf die Atemwegsorgane und Muskeln: Innert Sekunden rinnt die Nase, man sabbert und erbricht, Darm und Blase entleeren sich. Dabei hat Sarin keinen Geruch oder Geschmack, seine Opfer wissen meist nicht, wie ihnen geschieht. Dem Gift zu lange ausgesetzt, krampft der Körper, es kann zu Lähmungen und innerhalb zehn Minuten zum Tod kommen.

Sarin in Tokioter U-Bahn

Sarin wurde in den 30er Jahren in Deutschalnd zunächst als Insektizid entwickelt. Später schreckten die Nazis davor zurück, das Nervengift im Krieg einzusetzen, zumal man vor der Antwort der Alliierten zurückschreckte.

Am 16. März 1988 startete der Irak einen Angriff mit Sarin und Senfgas auf die mehrheitlich von Kurden bewohnte Stadt Halabdscha. Zwischen 3200 und 5000 Menschen starben dabei. Auch im Giftgasanschlag auf die Tokioter U-Bahn am 20. März 1995 mit 13 Toten und tausenden Verletzten verwendeten die fanatischen Mitglieder der «Aum-Sekte» Sarin.

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