Von beleidigt bis belustigt«Ihre Putzfrau wird von der SVP ersetzt»
Reaktionen aus dem In- und Ausland auf die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative: Witzig und beleidigt per Twitter, pointiert-nachdenklich in den traditionellen Medien.
Ausgerechnet an dem Tag, als die Schweiz dank einem Sohn von italienischen Einwanderern ihre erste Goldmedaille in Sotschi gewann, stimmte die Mehrheit der Schweizer für die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative. Diesen Widerspruch kommentieren viele Twitterer (siehe Bildstrecke oben) genüsslich. Manche verweisen auch auf die Nati, die ohne eingebürgerte Secondos ein wenig anders aussähe.
Ein Grossteil der Tweets zur gestrigen Abstimmung verlegt sich auf Sarkasmus im Stil von: «Skifahrn kann man auch in Österreich», «Die Bankkonten von reichen Ausländern werden wohl willkommen bleiben» bis zu «Ab sofort müssen die Schweizer Toiletten putzen, Bohnen pflücken, in deutschen Unternehmen an der Kasse stehen/sitzen».
Brunner mit Kopftuch und Besen
Andere zeigen sich nachdenklicher: «Einer von zehn Schweizern lebt im Ausland, über die Hälfte in Europa. Gegenseitigkeit und so?», «Als Ausländer, der seit 13 Jahren in der Schweiz lebt, fühle ich mich wirklich traurig und unwillkommen» oder «Es sind diejenigen Menschen, die von Immigration nicht betroffen sind, die dagegen stimmen».
Doch der Humor kommt nicht zu kurz: «Ich verstehe, dass ihr Schweizer in Wirklichkeit eine feste Umarmung wolltet. Doch warum sagt ihr das nicht einfach?». Oder die Bemerkung «Ihre ausländische Putzfrau wird ab morgen von der SVP ersetzt» zusammen mit einem Photoshop-Bild von Toni Brunner mit Kopftuch und Besen.
Angst als treibender Faktor
Die traditionellen Medien zeigen sich entspannter – wenn auch immer wieder sehr pointiert. «Land des Geldes, Land der Angst», heisst es etwa beim «Spiegel», der die Schweiz als «Nicht-Willensnation» sieht: «Die deutschsprachigen Gebiete wollen nicht zu Deutschland, die Romandie nicht zu Frankreich und das Tessin nicht zu Italien gehören. Also ist man eben Schweizer.» Was das Land zusammenhalte, sei der Wohlstand.
Auch die «Frankfurter Allgemeine» hebt mit der Schlagzeile «Sieg der Angst vor Überfremdung» dieses Grundgefühl als treibenden Faktor für den Erfolg der Initiative. Ebenso Focus Online: «Die Angst der Schweiz vor den grossen Deutschen», titelt das Newsportal und schreibt dazu: «Die kleine Schweiz quält sich mit grossen Problemen. Dabei sind die meisten von denen hausgemacht.»
«Dichtestress? Nicht ganz dicht!»
«Blochers Partei muss dafür sorgen, dass dieser Sieg, mit Polemik erkauft, nicht zum Anfang des Endes des Schweizer Wirtschaftswunders wird», warnt die «Welt» unter dem Titel «Die Schweiz ist ein geteiltes Land». Die «Süddeutsche Zeitung» gibt allerdings zu bedenken: «Liesse man Niederländer, Deutsche oder Franzosen über die Zuwanderung abstimmen, fiele das Ergebnis wohl nicht viel anders aus als in der Schweiz.»
Der Kommentar des ZDF-Moderators Theo Koll zum Schluss: «‹Dichtestress› nennen das die Schweizer. ‹NICHT-ganz-dicht› ist man geneigt zu sagen.»