Tote Studentinnen in MarokkoNeue Hinweise auf Terror bei Backpackerinnen-Mord
Nach dem Fund zweier toter Frauen gehen die Behörden in Marokko davon aus, dass Terroristen dafür verantwortlich sind. Die Tat wurde wohl auf Video festgehalten.
Nach dem Mord an zwei skandinavischen Touristinnen in Marokko verdichten sich die Hinweise auf einen Terrorakt. Die marokkanischen Ermittler untersuchten die Echtheit von Videos, in denen die vier festgenommenen Verdächtigen IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi einen Treueeid leisten, teilte die Staatsanwaltschaft am späten Donnerstagabend mit. Die Videos wurden demnach in der Woche vor dem Verbrechen an den Studentinnen aufgenommen.
Die Leichen der 24 und 28 Jahre alten Frauen aus Norwegen und Dänemark waren am Montag gefunden worden. Die marokkanische Polizei nahm danach vier Verdächtige fest. Am Freitag wurden darüber hinaus neun weitere Verdächtige in Gewahrsam genommen.
Video aufgetaucht
Die Ermittler untersuchen zudem ein weiteres Video, das ebenfalls im Internet aufgetaucht war. Darin ist zu sehen, wie einer offenbar jungen Frau mit einem Messer der Kopf abgeschnitten wird. Ob es tatsächlich mit dem Mord in Verbindung steht, ist noch unklar.
In der Bekennerbotschaft erklärt einer der vier Männer: «Wir sagen dem Kalifen der Muslime (Al-Bagdadi), dass du im Maghreb Soldaten hast, deren Zahl nur Gott kennt. Sie sind entschlossen, die Sache Gottes aufrechtzuerhalten und die Ehre der Muslime zu verteidigen.»
Kalifat ausgerufen
In der Botschaft nehmen die vier Männer Bezug auf die ostsyrische Stadt Hadschin. In der Region kämpfen Truppen unter Führung der Kurdenmiliz YPG gegen IS-Anhänger. Die von den USA angeführte internationale Koalition unterstützt die Offensive aus der Luft.
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte im Sommer 2014 nach ihrem Vormarsch in Syrien und im Irak ein Kalifat unter Führung Al-Bagdadis ausgerufen. Mittlerweile haben die Dschihadisten den allergrössten Teil ihres Herrschaftsgebietes wieder verloren.
Dänischer Ministerpräsident spricht von «dunklen Mächten»
Bei den beiden Frauen handelt es sich um die 24-jährige Dänin Louisa Vesterager Jespersen und ihre vier Jahre ältere norwegische Freundin Maren Ueland. Die beiden Studentinnen waren am Montag am Fuss des bei Wanderern beliebten Berges Toubkal gefunden worden. Eine der Leichen wies am Hals Stichverletzungen auf. Es heisst, dass die Täter in dem Gebiet zelteten, wo auch die Morde passiert sind.
«Eine Ferienreise wurde zu einem Alptraum», sagte Dänemarks Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen am Donnerstag. «Zwei junge Menschen wurden auf bestialische Weise ermordet. Es zeigt sich, dass es immer noch dunkle Mächte gibt, die mit Gewalt uns und unsere Lebensweise bekämpfen. Das macht mich wütend, aber bestärkt mich auch, dass wir niemals nachgeben und aufgeben dürfen.»
Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg sagte: «Das ist ein brutaler und sinnloser Angriff auf unschuldige Menschen, dem wir mit Abscheu und Verurteilung gegenüberstehen.»
Familie riet von der Reise ab
Helle Jespersen, die Mutter von Louisa Vesterager Jespersen erzählte dänischen Medien, ihre Familie sei «am Boden zerstört». Sie habe ihre Tochter «wegen der chaotischen Zustände» in Marokko eindringlich von der Reise abgeraten. «Als es an meiner Tür klingelte und ich zwei Polizisten sah, wusste ich sofort, dass etwas Schreckliches passiert war.»
Die beiden Frauen studierten an der Universität von Südostnorwegen. Der 4167 Meter hohe Toubkal ist der höchste Berg Nordafrikas und liegt rund 70 Kilometer südlich von Marrakesch.