Waldbrand in Spanien«Sie fielen herunter wie Puppen»
Der Waldbrand in Spanien hat bisher vier Menschen das Leben gekostet. Auf der Flucht vor den Flammen sprang eine fünfköpfige Familie von einer Klippe. Andere rollten die stacheligen Hänge hinunter.
Als Rubén P. mit seinem Boot an der Stelle angekommen war, war es bereits zu spät. Die Leiche der 15-jährigen Oceane Couton trieb im Meer, ein anderes Boot hatte den leblosen Körper ihres Vaters gefunden. Die anderen drei Mitglieder der Familie, ein neunjähriger Junge, seine 18-jährige Schwester und die 42 Jahre alte Mutter aus dem französischen Argeles-Sur-Mer erholen sich im Spital. Sie alle versuchten vor den Flammen des verheerenden Brandes zu flüchten, das seit Sonntag im Nordosten Spaniens wütet.
Die Familie war auf der Autobahn in Richtung Heimat unterwegs, als sie das Feuer überraschte. Die Polizei hatte bereits den Weg gesperrt und empfahl den Autofahrern, über La Jonquera zu reisen. Doch 50 Autos waren schon auf der gesperrten Strasse unterwegs. Es blieb ihnen keine andere Wahl, als umzukehren. «Sie gerieten in Panik», erzählte Nothelfer José Antonio Liaño gegenüber der Zeitung «El País». Die Retter hätten den Autofahrern geraten zu warten, man würde ihnen zu Hilfe kommen. Von den 140 Betroffenen folgten die meisten diesem Rat, doch 60 Personen flüchteten verzweifelt durch das unwegsame Gelände.
Kollektive Panik ausgebrochen
«Nur die Coutons sprangen von der Klippe», sagt Retter Liaño weiter. «Der Vater und eine Tochter sprangen von ganz hoch oben, sie hatten keine Chance.» Er habe sie warnen wollen, aber die Angst war offenbar stärker gewesen. Sie hörten ihm nicht zu, behauptet er. Seither hat Liaño nicht geschlafen.
Der 38-jährige Izzet Köken ist einer der vielen, die den Berg, der voller Kakteen und Steine ist, in Richtung Wasser hinunterrannten. «Wir waren alle barfuss, weil wir uns im Auto entspannt hatten», sagt er, während er auf seine dick verbundenen Füsse zeigt. «Wir haben für ein paar Sekunden gezweifelt.» Und plötzlich sei eine kollektive Panik ausgebrochen. Seine Frau habe sich auf der Flucht einen Fuss gebrochen, andere, die vor ihm rannten, seien auf das Gesicht gefallen und blutend weitergelaufen.
Retter Daniel Pontonet war einer der Feuerwehrmänner, die unten am Strand auf die Verletzten warteten, welche den Hang hinabgerannt waren. «Die Kinder klammerten sich fest und liessen mich nicht mehr los», erzählt er. Die Coutons habe er fallen gesehen: «Sie fielen hinunter wie Puppen», so Pontenet. Auch er habe in den letzten zwei Nächten nicht schlafen können. Insgesamt werden noch 60 Personen im Gesundheitszentrum des Dorfs Portbou behandelt, darunter die drei überlebenden Mitglieder der französischen Familie.