Chemische Kastration oder Knast

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Umstrittener EntscheidChemische Kastration oder Knast

Frankreich verschärft das Gesetz: Wenn ein verurteilter Sexualstraftäter nach der Haftentlassung seine Triebe nicht chemisch unterdrücken lässt, muss er wieder hinter Gitter.

Gegen die Stimmen der Opposition hat die Nationalversammlung am Dienstagabend im Eilverfahren das Strafrecht für Wiederholungstäter verschärft: Vergewaltiger sollen wieder hinter Gitter wandern, wenn sie nach der Entlassung auf die sogenannte «chemische Kastration» verzichten. Künftig soll zudem bereits nach Verbüssung einer Haftstrafe von zehn (statt 15) Jahren Sicherungsverwahrung angeordnet werden können. Bei der Verschärfung der Sicherungsverwahrung setzte sich die Regierungsfraktion über Bedenken ihrer eigenen Justizministerin Michèle Alliot-Marie hinweg.

Die Grünen verurteilten die Reform als «populistisch und demagogisch». Die Regierung wolle wenige Monate vor den Regionalwahlen «auf dem Gebiet des Front National wildern», sagte der Grünen-Abgeordnete Noël Mamère. Die Sozialisten kritisierten, die Regierung beschliesse ein Sicherheitsgesetz nach dem anderen, ohne die Umsetzung zu sichern.

Künftig sollen Straftäter, die zu mindestens sieben Jahren Haft verurteilt werden, nach der Entlassung aus dem Gefängnis überwacht werden können. Ausserdem werden mehr Daten von Serientätern erfasst.

Reaktion auf Kriminalfall

Mit den Stimmen der Linken verhinderte Alliot-Marie eine Initiative ihrer eigenen Partei, vorzeitige Haftentlassungen wegen guter Führung zu unterbinden. Auch ein Antrag, die Bürgermeister zur Überwachung entlassener Straftäter zu verpflichten, wurde am Ende abgewiesen.

Präsident Nicolas Sarkozy hatte eine Gesetzesverschärfung nach der Vergewaltigung einer Joggerin durch einen Wiederholungstäter im Oktober für dringlich erklärt. Sarkozy lässt regelmässig die Strafgesetze im Eilverfahren verschärfen, wenn ein Kriminalfall Schlagzeilen macht. Er nutzte dazu diesmal eine vom Verfassungsrat angemahnte Gesetzesänderung. (sda)

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