Hinrichtung im Minibus

Aktualisiert

ChinaHinrichtung im Minibus

In China werden mehr Menschen hingerichtet als im Rest der Welt zusammen. Die Methoden werden zusehends ausgefeilter: Immer öfter werden Todeskandidaten in umgebauten Kleinbussen mit der Giftspritze exekutiert.

Peter Blunschi
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Peter Blunschi

Von aussen sehen die Fahrzeuge aus wie gewöhnliche Ambulanzen. Doch ihr Zweck ist nicht die Heilung, sondern die Tötung von Menschen. Bei den mobilen Todeskammern handelt sich um umgebaute 17-plätzige Minibusse des chinesischen Herstellers Jinguan aus Chongqing. Sie können komplett mit Scharfrichter und medizinischem Personal von den Gerichten angefordert werden. Jinguan habe bislang zehn dieser Hinrichtungsbusse ausgeliefert, sagte ein Sprecher der Firma der britischen Zeitung «The Independent».

Im Einsatz sind die mobilen Todeskammern allerdings bereits seit 2003, wie Daniel Graf, Mediensprecher von Amnesty International Schweiz, gegenüber 20 Minuten Online erklärte: «Sie ermöglichen es, im ganzen Land und auch ausserhalb der grossen Städte rasch Hinrichtungen zu vollziehen.» Häufig würden die Angehörigen erst im Nachhinein verständigt. Wie viele Busse insgesamt im Einsatz seien, wisse man nicht, so Daniel Graf.

Todesspritze seit 1997

Die Verurteilten würden im Bus auf einer Liege festgebunden, danach werde ihnen der tödliche Giftcocktail gespritzt. Die Prozedur werde auf Video aufgezeichnet. Die Todesspritze wurde in China 1997 eingeführt, nachdem die gängige Methode der Hinrichtung mit Genickschuss zunehmend auf Kritik gestossen war. «Todesspritzen vermindern den Schmerz und die Furcht der Verurteilten. Sie sind eine humanere Art zu sterben», sagte Mou Rujin, ein Rechtsprofessor, gemäss dem «Independent», nachdem die Provinz Liaoning als letzte in China ihre Exekutionen umgestellt hatte.

Für Amnesty International ist dies kein Argument. Die Organisation hat in ihrem gerade veröffentlichten Jahresbericht darauf verwiesen, dass in China mehr Menschen hingerichtet werden als im Rest der Welt zusammen. Für nicht weniger als 68 Delikte kann die Todesstrafe verhängt werden, darunter auch Korruption und Steuerbetrug. Im letzten Jahr wurden 1718 Exekutionen dokumentiert, doch das ist gemäss Daniel Graf «das absolute Minimum». Die Dunkelziffer sei um ein Vielfaches höher, doch die genaue Zahl ist Staatsgeheimnis.

Einfache Organentnahme

Die Hinrichtungsbusse haben einen weiteren, aus chinesischer Sicht «willkommenen» Nebeneffekt: Das medizinische Personal kann den Exekutierten direkt die Organe entnehmen. Diese in China gängige Praxis wird international heftig kritisiert. Die Regierung in Peking betont, die Organentnahme erfolge mit Zustimmung der Verurteilten und ihrer Familien. In Wirklichkeit sei dies meistens nicht der Fall, widerspricht der Schweizer Amnesty-Sprecher.

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