«Möchten Sie gern die Leiche sehen?»

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Gaffer behindern Polizeiarbeit«Möchten Sie gern die Leiche sehen?»

Am Dienstag ereignete sich auf der Autobahn bei Nürnberg ein tödlicher Unfall. Als Gaffer ihr Handy zückten, wählte ein Polizist eine ungewöhnliche Strategie.

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Polizist Stefan Pfeiffer konfrontierte die Gaffer mit der «bitteren Realität». (Video: News 5)

Gaffer, die Stau verursachen und Rettungskräfte bei ihrer Arbeit behindern, sorgen immer wieder für Diskussionen. In Deutschland wird gegen sie hart durchgegriffen. Dennoch lassen sich noch immer nicht alle davon abschrecken, an einer Unfallstelle das Handy zu zücken und im Vorbeifahren Fotos zu machen.

Am Dienstag sensibilisierte ein Polizist die Gaffer etwas anders: Am Mittag ereignete sich auf der A6 zwischen Roth und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Süd ein tödlicher Unfall. Ein Sattelzug fuhr aus noch ungeklärten Gründen auf einen langsamer fahrenden LKW auf, der wiederum in einen weiteren Lastwagen geschoben wurde. Der Unfallverursacher, ein 47-jähriger Ungar, starb noch am Unfallort, wie deutsche Medien berichten.

«Sie können gern aussteigen und die Leiche sehen. Möchten Sie?»

Während des Einsatzes des Rettungsdienstes fuhren etliche Autofahrer mit gezückten Handys an der Unfallstelle vorbei. Stefan Pfeiffer, Einsatzleiter der Verkehrspolizei, hatte schliesslich genug. In einem Video ist zu sehen, wie er ein Auto anhält und fragt, ob die Insassen die Leiche sehen möchten. «Dann können Sie auch gern aussteigen und sich die Leiche anschauen», sagt Pfeiffer. «Möchten Sie?» Als die Autoinsassen verneinen, findet der Beamte klare Worte: «Also verschwinden Sie!»

Einen Lieferwagenfahrer fragt er, woher er komme. Als dieser auf Englisch antwortet, fordert ihn Pfeiffer zum Aussteigen auf. Schliesslich fragt er erneut: «Möchten Sie einen Toten sehen? Fotos machen? Kommen Sie.» Der Fahrer wehrt sich und Pfeiffer fragt: «Sie wollen ihn also nicht sehen? Warum machen Sie dann Fotos?» Im Anschluss gab es noch eine Busse für den Lenker.

«Es ist erschreckend, mit wie wenig Empfinden die Leute mit dieser Lage umgehen.»

Pfeiffer erklärt im anschliessenden Interview, dass zehn Fahrzeuge angehalten wurden, weil die Fahrer teils mit zwei Kameras in den Händen filmend an der Unfallstelle vorbeigefahren waren. «Es ist erschreckend, mit wie wenig Empfinden die Leute hier mit dieser Lage umgehen.» Niemand habe die Leiche tatsächlich sehen wollen. «Es ist für uns eine Möglichkeit, die Leute mit ihrem Verhalten zu konfrontieren», sagt Pfeiffer. «Bloss 128.50 Euro zu verlangen und sie wieder weiterzuschicken, da ist der Lerneffekt relativ gering.» Die Leute jedoch mit der Situation zu konfrontieren, erwirke einen Schockeffekt. Sie merkten dadurch, dass es kein Spiel sei, sondern «bittere Realität».

Leser-Reporter sind keine Gaffer

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zuerst Erste Hilfe leisten oder die Rettungskräfte alarmieren. Niemals die Helfer bei deren Arbeit behindern. Und: Die Privatsphäre anderer Menschen respektieren.

20 Minuten zeigt keine erkennbaren Opfer und veröffentlicht nie Bilder von Menschen, die Suizid begangen haben.

Auch Bilder, die offensichtlich vom Fahrzeuglenker während der Fahrt erstellt wurden, werden nicht gezeigt.

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