Khashoggi soll bei Kampf im Konsulat gestorben sein

Aktualisiert

Saudiarabien bestätigt TötungKhashoggi soll bei Kampf im Konsulat gestorben sein

US-Präsident Donald Trump findet die Version Saudiarabiens glaubwürdig. Der US-Kongress hingegen zweifelt. Auch die Türkei hat sich zu Wort gemeldet.

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Ein Bild von Ex-König Juan Carlos und dem saudiarabischen Kronprinzen Muhammad bin Salman löste in Spanien am 26. November 2018 eine Welle der Empörung aus. Es sei «ein Foto der Schande», heisst es. Bin Salman steht im Verdacht, in den Mord am Journalisten Jamal Khashoggi verwickelt zu sein.
Saudiarabien bestätigte den Tod des Journalisten Jamal Khashoggi (Archivbild). Der US-Geheimdienst CIA geht davon aus, dass der Kronprinz hinter der Tat steckt.
Ungeachtet dessen steht US-Präsident Donald Trump weiter hinter seinem saudiarabischen Verbündeten. (Im Bild: Trump bei einer Willkommenszeremonie im Murabba-Palast in Riad am 20. Mai 2017)
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Ein Bild von Ex-König Juan Carlos und dem saudiarabischen Kronprinzen Muhammad bin Salman löste in Spanien am 26. November 2018 eine Welle der Empörung aus. Es sei «ein Foto der Schande», heisst es. Bin Salman steht im Verdacht, in den Mord am Journalisten Jamal Khashoggi verwickelt zu sein.

Bandar Algaloud / Saudi Royal Court Handout

Saudi-Arabien hat unter massivem internationalen Druck zugegeben, dass der vermisste Journalist Jamal Khashoggi im Konsulat des Königreichs in Istanbul getötet wurde. Die Generalstaatsanwaltschaft in Riad legte am Samstag die offizielle Version der Ereignisse vor.

Demnach habe sich eine «Schlägerei» zwischen Khashoggi und Männern im Konsulat entwickelt, «die zu seinem Tod führte». Während US-Präsident Donald Trump die Erklärung als glaubwürdig einstufte, kündigte die Türkei weitere Ermittlungen an.

Saudiarabien bestätigt die Tötung des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi. Video: Tamedia/AFP

Video: Tamedia/AFP

Wochenlang hatte Saudi-Arabien bestritten, dass der Regierungskritiker Khashoggi im Istanbuler Konsulat zu Tode gekommen sein könnte. Angesichts wachsender internationaler Kritik liess sich diese Darstellung nicht mehr aufrecht erhalten.

«Möge seine Seele in Frieden ruhen»

Die staatliche saudiarabische Nachrichtenagentur SPA verbreitete am frühen Samstagmorgen eine Erklärung von Generalstaatsanwalt Scheich Saud al-Modscheb: Darin ist die Rede von «Diskussionen» zwischen Khashoggi und von Männern, die er im Konsulat in Istanbul «getroffen» habe.

Die Erklärung liess offen, wer an Khashoggis Tod in der angeblichen Schlägerei schuld sein könnte. «Möge seine Seele in Frieden ruhen», fügte der Generalstaatsanwalt hinzu.

Türkische und US-Medien hatten zuvor berichtet, Khashoggi sei von einem saudiarabischen Killerkommando in dem Konsulat gefoltert und ermordet worden. Sie beriefen sich auf Tonaufnahmen, die türkischen Sicherheitskräften vorliegen sollen. Die offizielle Erklärung aus Riad weicht deutlich von dieser Darstellung ab.

18 Festnahmen

Wegen Khashoggis Tod wurden nach saudiarabischen Angaben 18 Verdächtige festgenommen und Vize-Geheimdienstchef Ahmad al-Assiri sowie der königliche Medienberater Saud al-Kahtani ihrer Posten enthoben. Beide gehören zum inneren Kreis von Kronprinz Mohammed bin Salman. König Salman richtete zudem eine Kommission unter Leitung des Kronprinzen an, um den Geheimdienst umzubauen und dessen Befugnisse «genau» festzulegen, wie SPA berichtete.

Die Erklärung aus Riad erfolgte kurz nach einem erneuten Telefonat von König Salman mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Türkische Ermittler hatten in den vergangenen Tagen das Konsulat und die Residenz des Konsuls in Istanbul untersucht. Mit öffentlichen Schuldzuweisungen war Ankara bislang aber zurückhaltend.

Nach der Erklärung aus Riad versprach die Türkei eine vollständige Klärung von Khashoggis Tod. «Die Türkei wird alles enthüllen, was hier vorgefallen ist», sagte der Sprecher der Regierungspartei AKP, Ömer Celik. Von Vorverurteilungen wolle er absehen, «aber wir lassen es nicht zu, dass hier irgend etwas vertuscht wird». AKP-Vizechefin Leyla Sahin Usta bezeichnete die Erklärung aus Riad als «nicht überzeugend».

Die Experten vom Forschungsinstitut Eurasia Group werteten die Erklärung zum Tod Khashoggis und die Absetzung von al-Assiri und al-Kahtani als Versuch, «den Kronprinzen von dem Mord distanzieren».

Nicht nur bleibt der Verbleib der Leiche Khashoggis ungeklärt, sondern auch die Frage, warum am Tag von dessen Tod 15 Saudiaraber in das Konsulat in Istanbul reisten. Laut Medienberichten waren darunter ein Gerichtsmediziner und vier Leibwächter bin Salmans, von denen einer ihn wiederholt auf Auslandsreisen begleitete.

EDA tief betroffen

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) zeigt sich zutiefst betroffen über den Tod des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi. Der Geschäftsträger der Vertretung in Bern wird am kommenden Montag zum dritten Mal aufgeboten.

Das EDA werde den interimistischen Geschäftsträger darauf hinweisen, dass eine «sofortige, gründliche und transparente Untersuchung der Todesumstände» notwendig sei, teilte das Aussenministerium am Samstag auf Anfrage der Agentur Keystone-SDA mit.

Das EDA hatte den saudischen Geschäftsträger bereits am 10. und 19. Oktober empfangen und ihm die Besorgnis über das Verschwinden Khashoggis ausgedrückt.

Zu den mutmasslichen Todesumständen Khashoggis äusserte sich das EDA nicht. Die Schweiz erwartet aber rasche Antworten auf offene Fragen.

Ob Bundesrat Ueli Maurer, der nächstes Jahr das Amt des Bundespräsidenten inne haben wird, Saudi-Arabien wie vorgesehen einen Besuch abstatten wird, ist noch offen. Die Reise werde im Licht der jüngsten Entwicklung überprüft, teilte das Eidgenössische Finanzdepartement mit. (roy/sda/afp)

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