JerusalemSchüsse auf jüdischen Aktivisten – Schütze tot
Ein jüdischer Aktivist wurde auf offener Strasse angeschossen. Den mutmasslichen Täter hat die Polizei getötet. In Jerusalem sind Unruhen ausgebrochen.
Ein Palästinenser sei der Hauptverdächtige des Angriffs vom Mittwochabend gewesen. Er sei am Donnerstagmorgen bei einem Schusswechsel von israelischen Polizisten getötet worden, teilte Polizeisprecher Micky Rosenfeld mit. Beamte hätten das Haus des Verdächtigen umstellt. Dieser habe das Feuer eröffnet. Die Polizisten hätten zurückgeschossen und den Mann getötet.
Nur wenige Stunden zuvor hatte ein bewaffneter Mann auf einem Motorrad den Aktivisten Jehuda Glick am späten Mittwochabend angeschossen. Glick ist im Krankenhaus. Der Zustand des 48-Jährigen wird als ernst bezeichnet. Die Ermittler errichteten danach in der Stadt Strassensperren und fahndeten nach dem Täter.
Augenzeugen und Krankenhausvertretern zufolge handelte es sich bei dem Opfer um den in den USA geborenen Glick. Dieser steht einer Organisation vor, die Juden bestärkt, zum Tempelberg im Osten der Stadt zu pilgern.
Bürgermeister warnt vor Selbstjustiz
Der Tempelberg in der Altstadt ist einer der umstrittensten Orte der Welt. Er gehört zu den heiligsten Stätten der Juden und Muslime. Gebete sind dort generell jedoch nur Muslimen erlaubt.
Der Vorfall ereignete sich inmitten zunehmender Spannungen in Jerusalem und den Palästinensergebieten. Seit Wochen kommt es immer wieder zu Zusammenstössen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften.
Die Polizei bereitet sich auf mögliche Racheakte radikaler jüdischer Siedler vor. Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat rief die Israelis auf, keine Selbstjustiz auszuüben. Doch inzwischen sind in Jerusalem Unruhen ausgebrochen. Palästinenser warfen Steine. Die Polizei ging mit Gummigeschossen gegen die Demonstranten vor und riegelte den betroffenen Stadtteil Abu Tor ab.
Extrem rechte Siedlerpartei organisiert Marsch zum Tempelberg
Der Chef der extrem rechten Siedlerpartei, Wirtschaftsminister Naftali Bennett, sagte, mit den Schüssen im Herzen Jerusalems sei «eine rote Linie aus Blut» überschritten worden. Für Donnerstag haben rechtsorientierte jüdische Aktivisten zu einem Marsch zum Tempelberg-Gelände aufgerufen.
Auch der Likud-Abgeordnete Mosche Feiglin sagte, bei dem Verletzten handle es sich um Glick. Der rechtsorientierte Politiker fügte in einem Rundfunkinterview an, ein Mann mit arabischem Akzent habe mit Glick einige Worte gewechselt, als dieser eine Vortragsveranstaltung verlassen habe.
Der Mann habe dessen Identität überprüfen wollen. Anschliessend habe der Unbekannte auf Glick geschossen und sei mit einem Motorrad geflüchtet.
Der Generaldirektor des Jerusalemer Shaare-Zedek-Krankenhauses, Jonathan Halevy, sagte, Glick sei im Hals, der Brust, im Bauch und an der Hand getroffen worden. Den Ärzten sei es gelungen, ihn zu stabilisieren. Sein Zustand sei aber kritisch.
Tempelberg: Einer der umstrittensten Orte der Welt
Muslime verehren den Hügel im Südosten der Stadt als Haram el-Sharif (Edles Heiligtum). Der im Jahr 638 unter Kalif Omar begonnene Felsendom mit seiner weithin sichtbaren goldenen Kuppel steht nach islamischer Überlieferung an der Stelle, von der der Prophet Mohammed mit seinem Pferd in den Himmel ritt. Zusammen mit der benachbarten Al-Aksa-Moschee ist er eines der wichtigsten islamischen Heiligtümer.
Nach jüdischer Glaubenslehre standen auf dem Tempelberg zwei später zerstörte jüdische Tempel. Die Klagemauer gehört zu den Resten der ehemaligen westlichen Stützmauer des zweiten Tempels, der in der Zeit des Königs Herodes (73 bis 4 vor Christus) erbaut wurde. (sda)