Urteil gegen Separatisten75 Verletzte bei Protesten in Barcelona
Zwölf Anführer der Unabhängigkeitskämpfer in Katalonien sind zu Haftstrafen verurteilt worden. Demonstranten haben nun den Flughafen von Barcelona lahmgelegt.
Die Proteste in Barcelona sind am Montagabend eskaliert. (Video: Twitter und Leser-Reporter)
Bei den Protesten am Flughafen von Barcelona nach der Verurteilung von Katalanen-Anführern sind 75 Menschen verletzt worden. Das gaben die Rettungsdienste des Flughafens am Montagabend bekannt, ohne Angaben zur Schwere der Verletzungen zu machen.
Demonstranten hatten sich am Flughafen heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Sie bewarfen die Sicherheitskräfte mit Steinen und Abfalleimern, die Polizei setzte Schlagstöcke ein. Nach Angaben des Flughafenbetreibers Aena wurden 110 Flüge gestrichen.
Im Stadtzentrum haben Demonstranten die wichtigsten Zugangsstrassen zum Zentrum blockiert, es fahren weder Taxis noch die U-Bahn. In Girona sitzen rund Hunderte von Menschen auf Bahngeleise und behindern den Zugverkehr.
Leser-Reporterin Yvonne Ziegler und ihre Kollegin sind betroffen: «Wir sind um 15 Uhr gelandet und konnten bis jetzt den Flughafen nicht verlassen», sagt sie zu 20 Minuten. Auch im Hotel in der Stadt kann man ihr nicht helfen. «Als wir anriefen, sagten sie uns, dass die Innenstadt gesperrt sei und dass wir jetzt halt warten müssen, bis sich die Proteste auflösen.» Auch am Swiss-Schalter tönt es am späten Abend nicht anders: «Sie sagten uns, wir müssten hier schlafen.»
Die spanische Polizei ist mit einem Grossaufgebot vor Ort: «Es stehen zwischen 40 und 50 Kastenwagen», so die Leser-Reporterin. Lange beobachteten die Polizisten die Situation, seit 17.30 Uhr haben sie jedoch begonnen, mit Gummischrot und Tränengas auf Demonstranten zu schiessen. Auf Videos ist zu sehen, wie die Polizei mit Gewalt gegen Demonstranten vorgeht.
Urteil gegen Separatistenführer
Im Prozess gegen die katalanischen Separatistenführer hat das Oberste Gericht in Madrid neun der Angeklagten am Montag des Aufruhrs für schuldig gesprochen. Von einer Verurteilung wegen des von der Staatsanwaltschaft eingebrachten Vorwurfs der Rebellion, der mit Gefängnisstrafen von bis zu 25 Jahren geahndet wird, sahen die Richter ab.
Die Angeklagten wurden zu langjährigen Haftstrafen von bis zu 13 Jahren verurteilt. Zudem seien einige von ihnen der Veruntreuung öffentlicher Gelder schuldig, hiess es. Drei weitere angeklagte Ex-Politiker wurden des Ungehorsams schuldig gesprochen.
Bereits seit zwei Jahren in Haft
Bei dem Verfahren ging es um die Rolle der Separatistenführer bei dem verbotenen Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 und einem daraus resultierenden Unabhängigkeitsbeschluss der Regionalregierung in Barcelona.
Hauptangeklagter war der frühere stellvertretende Regionalpräsident Oriol Junqueras. Er wurde zu 13 Jahren Haft verurteilt. Der Grossteil der Angeklagten sitzt bereits seit zwei Jahren in Untersuchungshaft.
Der Prozess war Mitte Juni nach vier Monaten mit den Schlussplädoyers der Angeklagten zu Ende gegangen. Diese riefen dabei fast ausnahmslos dazu auf, den Dialog zu suchen und eine politische Lösung für den Konflikt in der Region im Nordosten des Landes zu finden.
600 Zeugen vernommen
Insgesamt wurden in dem Mammutprozess fast 600 Zeugen vernommen, darunter der konservative frühere Ministerpräsident Mariano Rajoy, in dessen Amtszeit das Referendum fiel.
Im Herbst 2017 hatte Rajoy die Regionalregierung abgesetzt und Katalonien monatelang unter Zwangsverwaltung gestellt. Der damalige Regionalchef Carles Puigdemont und andere Politiker flohen nach Belgien, um einer Festnahme zu entgehen.
«Eine Ungeheuerlichkeit»
Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont hat das Urteil scharf kritisiert. «Eine Ungeheuerlichkeit», schrieb Puigdemont am Montag im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Nun müsse reagiert werden wie nie zuvor. «Für die Zukunft unserer Söhne und Töchter», fügte er hinzu.
Auch Puigdemonts Nachfolger Quim Torra gibt sich kämpferisch und hat zu einer «massiven Mobilisierung» aufgerufen. Am Flughafen von Barcelona sowie in den Bahnhöfen und Häfen der Region wurde die Zahl der Sicherheitskräfte schon im Vorfeld des Urteils massiv erhöht.
Der Fussballspitzenclub FC Barcelona kritisierte die Haftstrafen für die neun Angeklagten. «Gefängnis ist nicht die Lösung», schrieb der Fussballverein im Onlinedienst Twitter. Der katalanische Fussballverband hat alle Spiele für Montag abgesagt, um seine Solidarität mit den verurteilten Separatistenführern und ihren Familien zu zeigen.