
Viele Frauen lieben einen schlanken Salat als Hauptgericht. Doch damit kommt der Hunger vielleicht schneller und heftiger zurück, als einen lieb ist.
Happycity21Eat this!In der Kantine lauert die Salat-Falle
Hauptsache, keine Kohlenhydrate und unbedingt wenig Salatsauce, beides macht ja bekanntlich dick. Vor allem Frauen tappen in die «Salat-Falle».
Wenn wir uns in der heutigen Zeit der Influencer durch deren Ernährungsbilder und Richtlinien kämpfen, finden wir den Salat zum Zmittag als wichtigsten Vertreter der scheinbar artgerechten weiblichen Ernährung. Ein paar Salatblätter mit Avocado und Nüssen als vegane Variante und Putenbrust für die «Allesfresserinnen». Hauptsache, keine Kohlenhydrate und unbedingt wenig Salatsauce, beides macht ja bekanntlich dick!
In einer Zeit, in der immer mehr Stress und immer weniger Zeit für sich selber im Zentrum steht, wird also suggeriert, dass kaum noch Energie gebraucht wird, um alles zu meistern: Schlank sein und Kontrolle um jeden Preis, der Körper hat zu sein, wie der Kopf will. Nach dem Motto «Hoch lebe die Einschränkung und die Askese» sollen Wunder vollbracht werden und dies ohne Genuss. Wenn ein Salat mit Putenbrust gerade mal rund 200 bis 250 Kilokalorien zählt, ist dies rund ein Zehntel des Bedarfs einer Frau – und mit Verlaub, das kann nur für magersüchtige Influencer «gut» sein.
Wenn die Hungerattacke zuschlägt
Denn sonst wird der Körper spätestens gegen drei oder vier Uhr mit einer unbändigen Lust auf Süsses, Salziges oder Brot zurückschlagen. Die Gedanken drehen sich um Schokoladenriegel, und die Unruhe und Dünnhäutigkeit im Büro werden stärker. Dann folgt das Übliche: Du unterliegst der Hungerattacke und hast wieder ein unglaublich schlechtes Gewissen. Wieder hast du es nicht geschafft, der Versuchung widerstehen zu können. Das Scheitern liegt schwerer im Magen als die im Heisshunger gegessenen Süssigkeiten. Aber morgen wird es ja sicher klappen.
Dass es aber gar nicht gelingen kann und vor allem soll, darüber machen sich die wenigsten Gedanken. Wer leisten soll und will, der braucht auch Energie. Aber wer nur einen Salat als Mittagessen nimmt, der wird automatisch an den realen Bedürfnissen des Körpers scheitern. Nun sehen wir in den Beratungen, dass Frauen in der Planung und Durchführung sehr viel strukturierter und vor allem strikter als Männer sind. Scheitern sie jedoch in ihrer eigenen Strukturierung, sind die Selbstvorwürfe und die Emotionalität umso grösser.
Ernährung muss immer mehr müssen
Heute beeinflussen uns Influencer anscheinend mehr als Schulbildung, gesunder Menschenverstand oder Professoren. Jede sagt: «Ich weiss, was gesunde Ernährung ist», setzt Verzicht aber der Gesundheit gleich. Ernährung muss immer mehr müssen statt dürfen. Ehemals oder akute essgestörte Influencer, oft aufgespritzt mit Wachstumshormonen und Botox, werden als Vorbild genommen. Wenn sich aber eine Gesellschaft an kranken Vorbildern ausrichtet, entsteht ein ebenfalls kranker Druck auf uns alle und die Gesunden müssen scheitern.
Der Körper ist unser Taxi, unser Tempel oder wie wir ihn immer bezeichnen mögen. Wir sollten ihn nicht immer weiter in seiner Leistungsfähigkeit auspressen und noch dazu verlangen, schlank und sexy zu sein. Ich frage meine Kundinnen oft: Würde dein Körper lieber einen anderen Kopf zur Chefin haben? Oder wie behandelst du deine wichtigste Mitarbeiterin? Denn wenn diese streikt oder kündigt, dann folgt das Problem auf dem Fusse. In einer Zeit, in der die Chefetage befiehlt und die Mitarbeiter über die Grenzen hinaus arbeiten müssen, ist es umso wichtiger, dass wir mit unserem Körper nicht das Gleiche tun!
Traut euch an die Kohlenhydrate
Darum esst bitte ein richtiges Mittagessen, traut euch sogar, etwas Kohlenhydrate zu nehmen, und ihr werdet nicht von heute auf morgen dick werden, sondern durch deutlich weniger Hungerattacken sogar abnehmen. Ihr werdet vor allem einen entspannteren Alltag haben.
Versteht doch die Bedürfnisse eures Körpers und schenkt ihm, was er braucht, dann holt er es sich nachher nicht über unzähmbare Gelüste zurück. Lasst Essen wieder Spass statt Verzicht sein, denn Salat ist eine Beilage und kein Mittagessen!

Jürg Hösli ist Ernährungswissenschaftler, Querdenker und greift gerne kontroverse Themen aus Sport, Psychologie und Ernährung auf. Er ist seit 30 Jahren im Leistungssport, hat Weltmeister und Olympiasieger betreut. Er ist Begründer der Ernährungsdiagnostik und der Schule für Ernährungsdiagnostik erpse in Winterthur. Hösli betreut hier vor allem übergewichtige Klienten und Menschen mit Reizdarm oder Erschöpfungszuständen. Für 20 Minuten schreibt er unter dem Namen Futterpapst Kolumnen.