Apple lässt die Muskeln spielen

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Neues iOS, neue MacsApple lässt die Muskeln spielen

Ein kostenloser Musik-Streaming-Dienst, neue Macs sowie iOS 7 und OS X Mavericks: Apple beweist sein Gespür für gelungenes Design gepaart mit Benutzerfreundlichkeit.

Daniel Schurter
San Francisco
von
Daniel Schurter
San Francisco

Braungebrannt und muskelbepackt: So präsentierte sich Apples Chef-Designer Jony Ive schon 45 Minuten vor der grossen Show. Von Nervosität keine Spur. Dabei sollte es ein grosser Abend werden für den Briten, auch wenn er den viel beachteten Bühnenauftritt seinem Kollegen Craig Federighi vom Software Engineering überliess.

Rund 6000 Software-Entwickler, Journalisten und geladene Gäste verfolgten im Moscone Center im Herzen San Franciscos gespannt die Eröffnung der WWDC. Der ehemalige US-Vizepräsident und amtierende Apple-Verwaltungsrat Al Gore sowie Apple-Chef Tim Cook zeigten sich beim Warm-up unerwartet publikumsnah und wagten im Blitzlichtgewitter das eine oder andere Schwätzchen.

iOS 7 überzeugt

An der Keynote zur diesjährigen Apple-Entwicklerkonferenz stand wie zu erwarten die Software im Zentrum. Sechs Jahre nach der Lancierung des ersten iPhones erhält das mobile Betriebssystem iOS das erste grundlegende Redesign. Laut Tim Cook handelt es sich bei iOS 7 um die grösste Veränderung, und doch bleibt Apple der bewährten Benutzeroberfläche mit der bekannten App-Navigation treu.

iOS 7 wird als kostenloses Software-Update für das iPhone 4 und neuer, iPad 2 und neuer, iPad mini und iPod touch (fünfte Generation) in diesem Herbst erhältlich sein. Wohl zu dem Zeitpunkt, wenn die nächste iPhone-Generation an den Start geschickt wird. Software-Entwickler können ab sofort eine Beta-Version herunterladen.

Alle vorinstallierten Standard-Apps sind neu gestaltet worden. Die Bildsprache ist weniger verschnörkelt und verspielt, nun dominieren einfache Formen. Das Design sei entscheidend für die Nutzererfahrung, sagte Jony Ive in einer Videoeinblendung, in der es um die Philosophie der Kalifornier ging. Mit iOS 7 scheinen sie den Spagat zwischen Altbewährtem und Neuem zu schaffen. Die Detailversessenheit zeigt sich etwa bei den zweidimensionalen App-Symbolen. Sie scheinen auf dem Bildschirm zu schwimmen. Wenn man das iPhone dreht, kann man das Hintergrundbild besser erkennen.

Mit iOS 7 führt Apple das Control Center ein, das raschen Zugriff auf wichtige Funktionen bietet. Die Schaltzentrale kann von überall aus durch eine Wischbewegung nach oben angezeigt werden. So lässt sich etwa eine Taschenlampe (LED-Blitz) mit einem Tippen aktivieren oder das Gerät in den Flugmodus schicken. Die Nachrichtenzentrale ist neu auch auf dem Sperrbildschirm verfügbar. Die Kamera-App bietet endlich auch Fotofilter, wie man sie etwa von Instagram kennt, um eigene Aufnahmen aufzupeppen.

Weitere Verbesserungen betreffen die Sprachassistentin Siri und das Multitasking. In der Foto-App werden die gespeicherten Bilder nach Zeitpunkt und Ort der Aufnahme geordnet. Endlich halten auch die automatischen App-Updates Einzug. Langfinger dürften an iOS 7 keine Freude haben. Dank einer neuen Diebstahl-Sperre können gestohlene Geräte auch nach dem Zurücksetzen nicht mehr aktiviert werden. Schliesslich ermöglicht die AirDrop-Funktion das unkomplizierte Teilen von Fotos und anderen Inhalten. Die drahtlose Datenübertragung funktioniert auch mit mehreren iOS-Nutzern.

Kostenloses iRadio

Mit iTunes Radio, so die offizielle Bezeichnung, bietet Apple einen eigenen kostenlosen Musik-Streaming-Dienst an. Damit lassen sich Songs der verschiedensten Genres via Internet auf iOS-Geräten, Computern (Mac und Windows) und der Settop-Box Apple TV abspielen. Der Service wird im Herbst vorerst nur in den USA angeboten, wie dies auch beim kürzlich lancierten Konkurrenzangebot von Google der Fall ist. Die Abonnenten von iTunes Match können das Internet-Radio frei von Werbung geniessen. In einer kurzen Demo wurde gezeigt, dass man auch nach einzelnen Künstlern suchen kann.

Eine «Höllenmaschine»

Für Begeisterungsstürme sorgte die Präsentation des neuen Mac Pro. Grafiker, Musiker und andere Profi-Nutzer warten schon lange auf einen leistungsstarken Nachfolger. Nun haben sich die Apple-Ingenieure einmal mehr etwas Besonderes einfallen lassen. Der Desktop-Computer kommt statt in der gewohnten Kistenform als schwarzer Zylinder mit viel Glas daher. Gleichzeitig beansprucht die Höllenmaschine, die 4K-Bildschirme unterstützt, deutlich weniger Platz und verfügt über einen eingebauten Bewegungsmelder. Der erstmals wieder in den USA fabrizierte Mac Pro soll «später in diesem Jahr» auf den Markt kommen. Der Preis wurde noch nicht verraten. Es dürften einige tausend Franken sein.

Deutlich günstiger und ab sofort verfügbar sind die neuen MacBook-Air-Modelle. Sie sind mit den neuen Haswell-Prozessoren von Intel bestückt und sollen deutlich weniger Strom verbrauchen. Der Akku soll beim 11-Zoll-Modell 9 Stunden halten, beim 13-Zoll-Modell gar 12 Stunden. Das günstigste Einsteiger-Gerät wird in den USA 999 Dollar kosten.

Schluss mit Raubkatzen

Was den Namen für das neue Mac-Betriebssystem OS X 10.9 betrifft, hat sich Apple etwas einfallen lassen. Weil die Raubkatze-Namen praktisch alle schon verwendet wurden, heisst das neue System OS X Mavericks: Der Name stammt vom kalifornischen Küstenort, der für seine Riesenwellen bekannt ist. An Bord sind einige neue Funktionen, wie etwa ein Passwort-Manager, der die sensiblen Daten in der iCloud speichert und auch für iOS-Geräte im Safari-Browser verfügbar sein wird. Die Preview-Version für registrierte Entwickler ist ab sofort verfügbar, die endgültige Version folgt im Herbst.

Eindrückliche Zahlen

Während der Keynote wurden einige eindrückliche Zahlen bekanntgegeben. Bis heute hat Apple 600 Millionen iOS-Geräte verkauft, allein im vergangenen Jahr gingen gut 360 Millionen über den Ladentisch. Den Cloud-Speicherdienst iCloud nutzen mittlerweile 300 Millionen Menschen. Sie dürfen sich über eine tiefere Integration der Office-Programme (Pages, Numbers und Keynote) freuen. So lassen sich nun etwa Präsentationen bequem im Web-Browser bearbeiten. Unterstützt werden auch die Konkurrenzprodukte Internet Explorer und Google Chrome. Neu kommt auch iBooks auf den Mac, ähnlich wie man sich dies von den Mobilgeräten gewohnt ist.

Der App Store wird nächsten Monat fünf Jahre alt und ist weiter auf Wachstumskurs. Mittlerweile sind 50 Milliarden Apps heruntergeladen worden. Das Angebot umfasst 900'000 Apps, davon sind 357'000 speziell für den grösseren Bildschirm der iPad-Modelle konzipiert.

20 Minuten» war auf Einladung von Apple in San Francisco.

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