Apple lässt sich in die Karten blicken

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Glasnost bei ZulieferernApple lässt sich in die Karten blicken

Als erstes Technologie-Unternehmen der Welt ist Apple der Fair Labor Association beigetreten. Der neue Apple-Chef sagt der Geheimniskrämerei Goodbye.

Daniel Schurter
von
Daniel Schurter
Die Arbeitsbedingungen bei Foxconn und anderen asiatischen Apple-Zulieferbetrieben werden von unabhängiger Stelle durchleuchtet.

Die Arbeitsbedingungen bei Foxconn und anderen asiatischen Apple-Zulieferbetrieben werden von unabhängiger Stelle durchleuchtet.

Als erster Technologie-Konzern der Welt ist Apple der Fair Labor Association (FLA) beigetreten. Die amerikanische Non-Profit-Organisation war 1999 vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton gegründet worden. Ursprüngliches Ziel war es, die Arbeitsbedingungen in den asiatischen Kleiderfabriken zu verbessern. Der FLA gehören bekannte Unternehmen wie Adidas, Nike und H&M an. Ab sofort soll die Organisation auch die Zulieferfirmen von Apple unter die Lupe nehmen und die detaillierten Untersuchungsergebnisse für alle einsehbar auf der FLA-Website veröffentlichen.

Apple war in der Vergangenheit unter anderem von den Schweizer Hilfswerken Brot für alle und Fastenopfer massiv kritisiert worden. Im vergangenen Frühjahr unterstützten sie im Rahmen der Schweizer Kampagne «High Tech – No Rights» einen internationalen Aktionstag. Dabei riefen sie Apple dazu auf, als Weltmarktführer der Elektronikindustrie bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen eine führende Rolle einzunehmen. Zuletzt war im Herbst 2011 auf gravierende Probleme beim chinesischen iPhone-Hersteller Foxconn hingewiesen worden.

«Ein positiver Schritt»

Chantal Peyer hat für die beiden Schweizer Hilfswerke die Kampagne für fair hergestellte Computer koordiniert. Sie zeigt sich auf Anfrage von 20 Minuten Online erfreut über den Beitritt von Apple zur FLA per 13. Januar. «Grundsätzlich ist das für uns ein positiver Schritt.» Im Vorstand der FLA seien verschiedene renommierte NGOs und Universitäten vertreten. Die Mitglieder müssten jedes Jahr Rechenschaft ablegen und auch konkrete Angaben zu den Betriebsprüfungen (Audits) machen.

Bislang habe sich Apple jedem kritischen und transparenten Dialog verweigert. Vielmehr habe das Unternehmen eine alles umfassende Geheimniskultur betrieben. Das mache zwar Sinn, um neue innovative Produkte zu entwickeln und zu schützen. Doch bei den Produktionsbedingungen in den Fabriken seien offene Gespräche mit allen Beteiligten erforderlich.

Ein Technologiekonzern unter Textilfirmen

Offenbar mache sich die Handschrift des neuen Apple-Managements bemerkbar, hält Chantal Peyer fest. Die Vertreterin der Schweizer Hilfswerke hofft generell auf einen besseren Dialog. «Wir werden das genau beobachten.»

Auch auf internationaler Ebene wird der FLA-Beitritt von Apple begrüsst. Die beiden staatlich unabhängigen Organisationen Good Electronics und Make IT Fair geben der Hoffnung Ausdruck, dass Apple weitere Taten folgen lasse. Es sei Zeit, «in einen fairen Apfel» zu beissen. Gleichzeitig wird aber auch darauf hingewiesen, dass die FLA nun stark gefordert sei, um die unabhängigen Kontrollen durchzuführen. Apple sei der erste Technologiekonzern in einer Gruppe von Textilunternehmen, dessen Zulieferer geprüft werden. Darum fehle es noch an Erfahrung.

Erstmals alle asiatischen Zulieferer veröffentlicht

Apple hat Ende der vergangenen Woche erstmals seine weltweite Zuliefererliste offengelegt. Der sonst so geheimniskrämerische US-Computerkonzern gab überraschend die Namen seiner 156 meist in Asien ansässigen Lieferanten bekannt. Damit sind nun 97 Prozent der Unternehmen publik, mit denen die Amerikaner bei der Herstellung ihrer iPhones, iPads und Mac-Computer zusammenarbeiten. Apple will mit der Veröffentlichung der Kritik an Missständen und schlechten Arbeitsbedingungen bei Zulieferern entgegentreten.

Die Veröffentlichung wird von Beobachtern als weiterer Hinweis gesehen, dass Cook den Konzern nach dem Tod von Steve Jobs transparenter ausrichten will. Während Jobs ein Verfechter davon war, so wenig wie möglich bekanntzugeben, beschreitet Cook mit der Veröffentlichung der Zulieferer-Kette einen neuen Weg.

In der aktuellen Ausgabe seines Supplier Responsiblity Progress Report stellt Apple die Bemühungen zum Schutz der Angestellten und der Umwelt umfassend dar. Insgesamt wurden über 200 Kontrollen vor Ort in den Zulieferfirmen durchgeführt (siehe Box).

Mit Material der Nachrichtenagentur AP

Regelmässige Kontrollen

Apple nimmt nach eigenen Angaben seit Jahren regelmässig Überprüfungen vor und fasste diese nun zusammen. Demnach fand der Konzern bei seinen Zulieferern sechs Fälle von Kinderarbeit sowie 13 Fälle, in denen zuvor Minderjährige als Arbeitskräfte eingestellt worden waren.

Zudem führte Apple in dem 500 Seiten umfassenden Bericht weitere Verstösse wie zu schlechte Bezahlung an. Auch hielten nur 38 Prozent der Zulieferer die von Apple festgesetzte Norm einer maximalen Wochenarbeitszeit von 60 Stunden und einem garantierten freien Tag pro Woche ein.

Ein Drittel der Zulieferer war nachlässig im Umgang mit gefährlichen Substanzen und ebenfalls ein Drittel hielt die Standards zur Verhinderung von Verletzungen nicht ein. Apple gab jedoch nicht an, wo welche Verstösse geschahen.

«Mit jedem Jahr erweitern wir unser Programm, schauen uns unsere Zuliefererkette genauer an und machen es schwerer, die Auflagen zu erfüllen», sagte Apple-Chef Tim Cook der Nachrichtenagentur Reuters. All das bedeute, dass die Belegschaften «mit jedem Jahr besser und besser behandelt» würden. Allerdings müsse noch viel getan werden, gab Cook zu.

(dapd)

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