Datenschützer Thür will richterliche Notbremse

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Street View SchweizDatenschützer Thür will richterliche Notbremse

Der Eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür spielt mit dem Gedanken, gegen Street View eine superprovisorische Verfügung zu erwirken. Er wirft Google vor, sich nicht an vorgängige Abmachungen gehalten zu haben.

Manuel Bühlmann
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Manuel Bühlmann

Der Eidgenössische Datenschützer hatte dem Street-View-Betreiber Google im Vorfeld klare Bedingungen gestellt: «Google hat sich nicht an die getroffenen Abmachungen gehalten. Unsere Hauptbedingung war, dass Google Gesichter und Autonummern anonymisiert. Dies wurde nicht erfüllt» sagt Thür auf Anfrage von 20 Minuten Online.

«Der von Google eingesetzte Filter ist offensichtlich nicht in der Lage, sämtliche Gesichter von Passanten sowie Nummerschilder von Autos unkenntlich zu machen», so der oberste Datenschützer. «Solange Google das nicht auf die Reihe kriegt, muss der Online-Dienst vom Netz.» Deshalb will sich Thür bis spätestens morgen Dienstag mit den Google-Verantwortlichen treffen: «Es ist klar, dass die Software verbessert werden muss. Wir wollen von Google wissen, wie sie das in nützlicher Frist bewerkstelligen wollen.»

Superprovisorische Verfügung als Option

Allein beim Datenschützer des Kantons Zürich wurden bis Montag 40 Beschwerden eingereicht (20 Minuten Online berichtete). «Zeigt sich Google nicht kooperativ, müssten wir beim Bundesverwaltungsgericht klagen», sagt Thür. Für ihn steht dabei eine superprovisorische Verfügung im Vordergrund. Dabei kann das Gericht schnell einen vorläufigen Entscheid fällen, ohne den Sachverhalt im Detail geprüft zu haben. «Dafür werden wir geltend machen, dass wegen der Fotos für die Betroffenen nicht wieder gutzumachende Nachteile resultieren können», so der Datenschützer. Google stand heute bislang für Auskünfte nicht zur Verfügung.

Klares Nein in Griechenland

Auch wenn Google auf Thürs Forderungen einsteigt oder das Gericht per superprovisorischer Verfügung den Dienst vom Netz nehmen lässt, dürften Betroffene wenig davon haben. Denn Screenshots von ungefilterten Street-View-Bildern haben sich im Internet wie ein Lauffeuer verbreitet. Aus diesem Grund ist man in anderen europäischen Ländern weitaus kritischer. So hat Griechenland Aufnahmen mit Google-Autos kategorisch untersagt. In Österreich wehrt sich der verantwortliche Obmann der Daten, Hans Zeger, ebenfalls mit Händen und Füssen: «Es geht hier um zentrale Grundrechte von Privatpersonen. Google greift nicht erst bei der Veröffentlichung der Fotos auf Street View in den Persönlichkeitsschutz ein, sondern bereits beim Aufnehmen der Bilder», erklärte er vor kurzem gegenüber Pressetext.

Präzedenzfall für Deutschland

Deutschland ist ebenfalls sehr kritisch gegenüber der virtuellen Strassenkarte mit 3-D-Ansicht: «Der beauftragte Datenschützer in Hamburg, der Sitz von Google Deutschland, hat sehr hohe Auflagen für Street View definiert. Zum Beispiel müssen auch in den Rohdaten fragwürdige und beanstandete Aufnahmen gelöscht werden», so Verena Meyer, zuständige Referentin beim Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit gegenüber 20 Minuten Online. Sie verfolgt den Vorgang hierzulande derzeit sehr aufmerksam: «Nach den Erfahrungen mit Googles Street View in der Schweiz werden wir sehr genau anschauen und prüfen, welche Dinge sich im Vorfeld vermeiden lassen.»

Sämtliche Fotos finden Sie in der obigen Bildstrecke, die in den kommenden Tagen laufend ergänzt wird. Sie können uns dabei unterstützen, in dem Sie uns Ihre Trouvaillen auf feedback@20minuten.ch schicken.

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