Google will Nutzerdaten verschmelzen

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Neue RegelnGoogle will Nutzerdaten verschmelzen

Der Suchmaschinenriese wird künftig persönliche Informationen aus über 60 Google-Diensten kombinieren. Ist das schlecht? Wir beantworten die brennendsten Fragen.

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Google vereinheitlicht zum 1. März 2012 die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und Datenschutzerklärungen von 60 Produkten – von der Websuche und Google Mail über das Handy-Betriebssystem Android bis zum sozialen Netzwerk Google+. Was zunächst mehr Klarheit für die Nutzer bedeutet, hat es bei genauerer Betrachtung in sich: Der Tech-Gigant erlaubt sich mit den neuen Regeln ausdrücklich, die Daten aus den einzelnen Diensten zusammenzuführen, was die Google-Nutzer für den Konzern vollständig transparent macht und höhere Werbeeinnahmen verspricht. Vermarktet werden die Neuerungen mit einer besseren «User Experience» und relevanteren Suchergebnissen.

Im Folgenden werden die wichtigsten Fragen zu Googles neuer Datenschutz-Politik beantwortet:

Was ändert sich am 1. März 2012?

Google sammelt schon lange Informationen von Nutzern populärer Dienste wie der Google Suche, Android, Gmail, YouTube oder dem sozialen Netzwerk Google+. Neu werden diese persönlichen Informationen zusammengeführt, was Google ein umfassendes Bild von seinen Nutzern ermöglicht. Je besser der Konzern seine Kunden kennt, desto wertvoller werden sie für die Werbekunden, die bei Google Anzeigen schalten.

Welche Informationen werden gesammelt?

So ziemlich alles, das die Nutzer über Google-Dienste von sich Preis geben oder andere über einen öffentlich machen: Kalender-Einträge, Positionsdaten, Suchanfragen, Kontakte im Adressbuch, persönliche Gewohnheiten anhand der Chat-Protokolle und so weiter und so fort.

Dürfen die das?

Ja. Google hat bereits in der Vergangenheit Informationen zwischen gewissen Diensten ausgetauscht. Wenn die Datenschutzerklärung per 1. März ändert, können die Daten aus über 60 verschiedenen Diensten kombiniert werden. Als Nutzer hat man die Möglichkeit, die neuen AGB abzulehnen. Zudem kann man selbst festlegen, welche Daten verwendet werden dürfen.

Was ändert sich für mich?

Ist ein Nutzer mit seinem Google-Account angemeldet, kann die Suchmaschine beispielsweise die Suchergebnisse und Werbung anhand der Informationen aus Gmail, Google+ oder YouTube personalisieren. Künftig werden immer häufiger Empfehlungen von Freunden weit oben in den Suchergebnissen auftauchen. Kritiker befürchten, dass die Suche so verfälscht wird, sprich nicht mehr die wirklich relevanten Treffer oben erscheinen.

Ist Google nun doch «evil»?

Die Firma sagt, sie könne viel mehr «coole Dinge» tun, wenn sie die persönlichen Nutzer-Daten aus den verschiedenen Produkten kombiniere. Das Hauptargument: Google könne seinen Kunden so viel besser helfen. Beispielsweise kann Google künftig einen Nutzer warnen, dass er zu spät zu einem im Kalender eingetragenen Meeting kommt, da es seine Position überwacht und erkennt, dass auf der Strasse zum Zielort zu viel Verkehr herrscht. Zudem garantiert Google weiterhin, dass persönliche Daten weder verkauft noch ohne Erlaubnis des Nutzers mit Dritten geteilt werden.

Mir gefällt das nicht. Was kann ich tun?

Wer mit den Änderungen nicht einverstanden ist, kann lediglich sein Google-Konto schliessen und andere Anbieter nutzen. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten ermöglicht Google seinen Nutzern, mit Google Takeout die Daten zu anderen Anbieter zu zügeln. Informationen hierzu will der Konzern in der Online-Hilfe der verschiedenen Dienste anbieten.

Ich habe kein Google-Konto. Bin ich trotzdem betroffen?

Nein.

Was ist, wenn ich ein Google-Konto habe, mich aber nicht anmelde?

In diesem Fall werden keine Daten verknüpft. Google kann die Informationen aus den verschiedenen Diensten nur verknüpfen, wenn ein Nutzer in seinem Google-Konto eingeloggt ist. Ist jemand beispielsweise bei Gmail angemeldet und öffnet im selben Browser YouTube, können die Informationen verknüpft werden. Wird YouTube in einem anderen Browser geöffnet, ohne sich anzumelden, werden keine Daten verknüpft.

Ich nutze ein Android-Handy. Bin ich auch betroffen?

Da für viele Android-Funktionen – abgesehen vom Telefonieren und Webbrowser – ein Google-Konto notwendig ist, wird Google praktisch alles speichern können, was die Nutzer auf ihrem Handy tun. Google könnte beispielsweise die individuelle Gerätenummer mit dem Google-Konto verbinden und alle möglichen persönlichen Informationen sammeln und verknüpfen: Details, wie das Handy genutzt wird, Suchanfragen, die gewählten Rufnummern, IP-Adressen sowie Cookies, die den Browser oder das Google-Konto identifizieren können.

Was ist, wenn ich ein anderes Handy nutze?

Wer Gmail, YouTube, Google+ etc. auf einem BlackBerry, iPhone oder Windows Phone als eingeloggter Nutzer verwendet, gibt Google ebenfalls die Möglichkeit, die Daten zu kombinieren.

Bessere Suchergebnisse?

Die über 70 verschiedenen Datenschutzbestimmungen und Nutzungsvereinbarungen der verschiedenen Google-Dienste sollen auf eine zentrale Datenschutzerklärung und rund ein Dutzend weitere verschiedene Nutzungsbedingungen reduziert werden.

«Durch das Zusammenspiel eurer Daten über verschiedene Google-Dienste hinweg können wir euch noch bessere Services bieten: Wir können die Suche verbessern, indem wir herausfinden, wonach ihr wirklich sucht», teilte Google mit. Ist ein Nutzer beispielsweise eine Stunde lang bei Google auf der Suche nach Skateboards, könnte er das nächste Mal, wenn er sich auf Youtube einloggt, Empfehlungen für Videos mit Skatboarder-Legende Tony Hawk erhalten. Daneben könnte dann die Anzeige eines Skater-Shops gleich um die Ecke stehen.

Personalisierte Werbung

Google, ebenso wie Facebook und alle anderen beliebten Internetdienstleister, will so viele Informationen über seine Nutzer sammeln, wie möglich. Diese helfen ihnen dabei, mehr Anzeigen zu höheren Preisen zu verkaufen, indem sie den Werbekunden auf die Kunden massgeschneiderte Werbung anbieten können. Die Wahrscheinlichkeit, dass Nutzer auf eine Anzeige reagierten, sei um 27 Prozent höher, wenn sie personalisierte Anzeigen bekommen. Und auch für die Nutzer hat das laut Google einen Nutzen: «So ist vielleicht trotz guter Neujahrsvorsätze ein Fitnessstudio nicht so euer Ding - entsprechende Anzeigen also auch nicht.»

Alternative zu Facebook

Inzwischen hat Google sein Netzwerk Google+ in den Kampf gegen Facebook geschickt. In den ersten sieben Monaten haben sich laut Google 90 Millionen Nutzer dort angemeldet. Um noch stärker für Google zu werben, hat die Suchmaschine Empfehlungen zu Menschen und Unternehmen mit einem Konto in dem sozialen Netzwerk in die Trefferliste seiner Internetsuche aufgenommen. Sofort wurde Kritik laut, Google nutze seine marktbeherrschende Stellung aus, um weiteren Traffic auf seine eigenen Seiten zu lenken. (dapd)

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