«Minecraft»Mit Pixel-Lego zum Millionär
Simple Idee, simple Grafik, dafür unendliches Suchtpotential: Das Indie-Game «Minecraft» wurde für einen schwedischen Programmierer von einer virtuellen zu einer echten Goldgrube.
Der Trailer zum Spiel «Minecraft» (Video:YouTube.com).
Immer bessere Grafik, actionreicheres Gameplay, Soundtracks von Superstars – wer in der Gameindustrie auftrumpfen will, muss dem verwöhnten Spieler etwas bieten. Und so verschlingt die Entwicklung eines Videospiels heute durchschnittlich zwischen 15 und 25 Millionen Franken. «Gran Turismo 5» soll gar über 50 Millionen gekostet haben.
Nun zeigt ein schwedischer Nerd der Spieleindustrie, dass es auch anders geht. In seiner Freizeit begann er «Minecraft» zu programmieren. Noch ist das Java-Spiel «Beta» - also in der Testphase. Trotzdem fand es bereits zwei Millionen Abnehmer. Momentan kostet das Game noch 14.95 Euro. Das fertige Produkt soll für 20 Euro erhältlich sein. Erfinder Markus Persson alias «Notch» ist noch vor der Fertigstellung mehrfacher Millionär.
Virtuelles Lego
Um was geht es? «Minecraft ist ein Spiel, indem man mit Klötzchen alles bauen kann, was einem einfällt. In der Nacht kommen Monster, also bau dir einen Unterschlupf, bevor das passiert», wird das Spiel auf der Homepage beschrieben. Ganz so simpel ist es dann doch nicht. Auf der Suche nach verschiedenen Baumaterialien muss der Spieler viel Geduld aufbringen. Nur wer seltene Rohstoffe findet, kann Werkzeuge herstellen, mit denen sich die virtuelle Welt speditiv bearbeiten lässt.
Ein eigentliches Ziel oder ein Spielende gibt es nicht. Klingt unspektakulär, macht aber nach dem ersten Platzieren eines Klötzchens süchtig. «Minecraft» ist ein typisches «Nur-noch-ein-Game»: Nur noch eine Goldader finden, nur noch eine Viertelstunde spielen, nur noch eine Nacht überstehen. Vergessen geht die grobkantige – böse Zungen würden sagen, unzeitgemässe – Grafik. Vergessen geht die Zeit. Oftmals verhilft nur noch ein Absturz des Computers zur Rückkehr in die Realität.
Privatjet vs. elektronisches Messgerät
Zurück in der Realität, zurück zum Erfinder. Bereits mit sieben Jahren begann der mittlerweile 31-Jährige Markus Persson mit Programmieren. Heute kann er das so gut, dass er dazu keine Beschriftungen mehr auf der Tastatur benötigt, wie ein Journalist der «Süddeutschen Zeitung» verdutzt feststellen musste, als er Persson Ende letzten Jahres besuchte. «Notchs» wichtigstes Arbeitsgerät besteht aus lauter schwarzen Knöpfen. Die Analogie zur Klötzchenwelt von «Minecraft» ist nicht zu übersehen.
Vor seiner Zeit als erfolgreicher Spieleentwickler war «Notch» ein gewöhnlicher Spieleentwickler, der für verschiedene Softwarefirmen mässig gute Spiele programmierte. Er lebt zusammen mit seiner Verlobten in Stockholm und braucht nach eigenen Angaben in seiner Freizeit nichts anderes als einen Computer. In der Welt der Reichen ist er trotz prall gefülltem Konto noch nicht angekommen. Mit kindlicher Begeisterung beschreibt er auf seinem Blog einen spontanen Trip nach London, zu dem er von einem reichen Gönner eingeladen wurde: «Es ist erstaunlich zu realisieren, dass es tatsächlich Leute gibt, die jeden Tag in einem Privatjet herumfliegen und Assistenten haben, die wiederum Assistenten haben. So faszinierend diese Lebensweise auch ist, komischerweise freue ich mich mehr über den Fakt, dass zuhause mein Oszilloskop, das ich letzte Woche bestellt habe, auf mich wartet.»
Das Soloprojekt wird erwachsen - und kopiert
Mittlerweile arbeitet Persson nicht mehr alleine an «Minecraft». Acht Mitarbeiter hat die neu gegründete Firma «Mojang» – auch einen Geschäftsführer, damit sich Persson selber wieder vermehrt auf die Entwicklung des Spieles konzentrieren kann. Denn auch die Konkurrenz schläft nicht. Seit April gibt es unter dem Namen «FortressCraft» eine Abkupferung für die Xbox. Die beinahe 1:1-Kopie verkaufte sich am ersten Tag 16 000-mal und überholte auf dem Xbox Live Marketplace sogar Toptitel wie «Call of Duty» oder «Rockband».
Im November dieses Jahres soll die Vollversion von «Minecraft» auf den Markt kommen. Bis dahin werden noch Millionen von Klötzchen platziert und Millionen von Spielern in die Pixelwelt gefangen. Alleine in den letzten 24 Stunden waren es wieder über 8000.