Das schärfste Autorennen des Jahrzehnts

Aktualisiert

«Forza 4» vs. «Gran Turismo 5»Das schärfste Autorennen des Jahrzehnts

«Forza Motorsport 4» ist aufgefahren, um die Pole-Position unter den Bleifuss-Spielen einzunehmen. Im Test muss es gegen die Rennspiel-Referenz «Gran Turismo 5» antreten.

Jan Graber
von
Jan Graber

Für Motorenköpfe wie mich gibt es kaum etwas Spannenderes als ein neues Rennspiel. Ungeduldig warte ich darauf, welche scharfen Boliden sich über die Rennpisten jagen lassen und in welchen Momenten ich ins Träumen vom eigenen (echten) Geschoss komme. Wie beim Kauf eines richtigen Wagens möchte ich pure Emotionen erleben.

Dieses Begehren nach schnellem Blech weckt neu das Rennspiel «Forza Motorsport 4», die vierte Ausgabe des für die Xbox 360 exklusiven Spiels. Anders als bei Arcade-Racern wie «Need For Speed» oder Simulationen wie «F1 2011» geht es bei «Forza Motorsport» um den Kult ums Auto schlechthin: Von der schwächsten Gurke bis zur potentesten Rakete kann alles gefahren werden, ein popeliger Daihatsu lässt sich darin ebenso steuern wie ein atemberaubender Lamborghini Murcielago.

Langer Weg zur Pole Position

«Forza Motorsport 4» steht auf dem Weg an die Spitze der Rennspiele allerdings ein starker Konkurrent im Weg: «Gran Turismo 5». Erschienen ist «GT 5» zwar vor einem Jahr, seitdem hat es jedoch kein Rennspiel geschafft, der Racing-Simulation für die PlayStation 3 den Auspuff zu zeigen.

Um zu prüfen, ob es «FM 4» tatsächlich gelingt, am Thron von «GT 5» zu sägen, haben wir beide Spiele gegeneinander antreten lassen. Gleiche Autos wurden auf identischen Strecken getestet. Unser Augenmerk galt ebenso der Grafik wie dem Racingfeeling und dem Adrenalinrausch. Und natürlich den Emotionen, die das Rennen weckt.

Aufwärmrunde auf dem Susuka Circuit

Unser erstes Testmodell, ein 97er Honda Civic Type R, ist nicht gerade, was das Benzin im Blut in Wallung bringt. In «GT 5» gleicht das Motorengeräusch eher einem hyperventilierenden Rasenmäher als einer benzinfressenden Monstermaschine. Etwas besser macht es «FM 4»: Der Motor röhrt wie ein brünstiger, noch etwas junger Hirsch. Wo die «FM 4»-Kisten wie wildgewordene Büffel brüllen, klingen die Wagen in «GT 5» immer etwas dünn und schwach auf der Brust. «FM 4» vermag diesbezüglich einfach mehr Gänsehaut zu erzeugen.

Auch Fahrtechnisch zeigt sich bereits beim ersten Test der Unterschied: «Gran Turismo 5» haftet etwas Lehrerhaftes, Behäbiges an. Die Wagen müssen konservativer gesteuert werden, das Spiel verzeiht weniger Fehler. «Forza» hingegen wirkt nervöser, wilder und gefährlicher. Während das Rennen im Civic in «FM 4» wenigsten etwas Spass macht, schläft einem bei «GT 5» der Fuss ein.

Muskelpakete

Für die zweite Testfahrt fahren wir im 71er Mustang Mach-1 auf. Die Vorfreude wird wiederum in «FM 4» besser befriedigt. Der V8-Motor donnert, der Wagen bricht wegen des Hinterradantriebs aus wie ein wilder Hengst und beim Gasgeben schwankt die Kühlerhaube wie im richtigen Leben. «GT 5» hat das Nachsehen, denn das virtuelle Blech entpuppt sich darin als leere Hülle. Die Kiste unterscheidet sich akustisch kaum vom Honda, der Wagen liegt viel zu brav auf der Strasse.

Noch ist das Rennen nicht gelaufen

Im Ferrari F-40, der durch die Berner Alpen gejagt wird, zeigen sich die Stärken von «GT 5»: Das Rennen verlangt vom Spieler Können, Aufmerksamkeit, feinfühliges Steuern und ein konservativeres Fahren. Dies weckt den Kampfgeist, der Spielspass wächst. In «Forza Motorsport 4» ist die Kiste hingegen zu leicht zu steuern, es kommt trotz ausgeschalteten Fahrhilfen Langeweile auf.

Dasselbe Bild bestätigt sich im ultimativen Test - der Fahrt mit einem Zonda R um die Nordschleife des Nürburgrings: «GT 5» verlangt vom Spieler genaueres Fahren, «Forza Motorsport 4» trumpft dagegen mit adrenalinberauschenden Jagden über den Asphalt auf.

Das Fazit: Autokult versus Fahrstil

«Forza Motorsport 4» ist ein Spiel für Autofanatiker: Die Entwickler legen Wert auf die detaillierte Umsetzung realer Traumwagen, inklusive Ton, Spiegelungen auf dem Blech und Emotionen, die ein solcher Wagen weckt. «Gran Turismo 5» ist hingegen der Lehrer unter den Rennspielen: Das Spiel legt mehr Wert auf die Fahrkünste als auf den Fahrrausch und belohnt den Spieler mit länger anhaltender Befriedigung.

«Forza Motorsport 4»-Trailer:

Quelle YouTube

«Gran Turismo 5»-Trailer:

Quelle YouTube

«Forza Motorsport 4»

Die neuste Ausgabe des Spiels wurde wiederum vom britischen Entwicklerstudio Turn 10 geschaffen. Neben einem Karrieremodus, der Gewinnern Cash und Erfahrungspunkte einspielt, die dem Kauf und Upgrade stehts besserer Wagen dienen, können im Event-Modus Einzelrennen mit den schnellsten Bolliden über beliebige Strecken gefahren werden.

Eine der grossen Stärken liegt im Community-Abschnitt: Zusätzlich zu Online-Rennen können Spieler hier ihre eigenen Autoclubs bilden und in deren Garagen Autos parkieren, die sie sich gekauft haben. Die anderen Mitglieder des Clubs haben danach Zugriff auf die Wagen. Je grösser der Fuhrpark, den sie sich teilen, umso höher der Spielspass.

Jan Graber…

… verschob die ersten Gamepixel mit «Space Invaders», «Leisure Suit Larry» sowie «King’s Quest» und entdeckte mit «System Shock» und «Rebel Assault» sein Flair für Actiongames. Heute gibt er sich am liebsten mit Krachern wie «Crysis», intelligentem Futter im Stil von «Fahrenheit und Gummischreddern à la «Forza Motorsport» ab.

Deine Meinung zählt