Cleverer TrickHacker räumen Casinos mit einer eigenen App aus
Russische Hacker haben einen Weg gefunden, Spielautomaten zu überlisten. Die Kriminellen sind gut organisiert und machen seit Jahren grosse Gewinne.
Sie tragen Namen wie Star Drifter, Pelican Pete oder Coolfire – Spielautomaten, wie sie in Casinos auf der ganzen Welt stehen. Mit Glücksspiel haben diese Maschinen nicht viel zu tun. Denn: Die Automaten sind so programmiert, dass Casinos über längere Frist Gewinne machen.
Der Algorithmus, der dafür sorgt, war ein gut gehütetes Industrie-Geheimnis – bis ins Jahr 2009. Nachdem damals das Glücksspiel in Russland de facto verboten worden war, hatten Betrüger eine Idee, die sie später zu Millionären machen sollte: Sie ergatterten einige alte Automaten, die die Casinos verscherbelten.
Gelüftetes Geheimnis
Die ausgedienten Spielautomaten waren der Grundstein für eine Betrugsmasche, mit der sie seit Jahren vermutlich Millionen von Dollar scheffelten. Denn erstmals hatten die Hacker Zugang zum Innenleben. Sie konnten den Code bis zur letzte Zeile im Detail analysieren, schreibt das Magazin «Wired».
Daraus entwickelten sie einen cleveren Trick, um die Maschinen auszutricksen. In Casinos wurden erst ein paar Runden gespielt. Das Ganze filmten die Gangster mit dem Smartphone. Dann wurden diese Aufnahmen nach St. Petersburg übermittelt. Dort berechnete ein Team, wie das Timing aussehen muss, um Gewinn zu machen.
In 0,25 Sekunden zum Gewinn
Im Anschluss kehrte ein Mitglied der Betrügerbande zurück zur gleichen Maschine, das Handy in der Tasche. Eine eigens dafür entwickelte App gab dann per Vibrationsalarm vor, wann er auf den Knopf drücken musste. Ein echt ausgeklügeltes System: Die Benachrichtigung kam 0,25 Sekunden vorab, was der menschlichen Reaktionszeit entspricht.
Die Jugend sei besonders gefährdet, in die Glücksspielsucht abzurutschen, sagen Experten. Ein Betroffener erzählt, wie er eine Viertelmillion Schulden anhäufte.
Mit 20 bis 30 Dollar Einsatz erzielten sie so Gewinne von bis zu 1300 Dollar pro Automat, bevor sie zum nächsten zogen, wo der Zyklus wieder von vorne anfing, beschreibt «Wired» die Masche. Ein einzelnes Mitglied der Bande konnte im Schnitt pro Tag 10'000 Dollar Gewinn machen. Ein Team von vier Personen schaffte es in einer Woche, bis zu 250'000 Dollar zu erwirtschaften. Das Geld floss zurück nach Russland.
Lösung? Fast unmöglich!
Im Juni 2014 flog der Betrug zum ersten Mal auf. Ein Mitarbeiter eines Casinos in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri stellte bei den Gewinnauszahlungen Unregelmässigkeiten fest. Im gleichen Jahr wurden in den USA vier mutmassliche Mitglieder der Bande verhaftet.
Die Bande soll laut Ermittlern schon in Casinos in den USA, Rumänien und in Macau aktiv gewesen sein. Mittlerweile filmen sie unauffälliger mit verstecker Kamera und übermitteln die Bilder per Livestream nach St. Petersburg.
Die einzige Lösung, um den russischen Betrügern einen Riegel zu schieben, wäre «alle Maschinen der betroffenen Hersteller aus allen Casinos weltweit zurückzurufen», sagte der Casinoexperte Darrin Hoke gegenüber «Wired». Passieren werde das aber wohl nicht, da die entsprechenden Slotmaschinen bei Spielern beliebt seien.
Den Casinos bleibt daher nur ein einziger Indikator, um Betrüger zu entlarven. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Spielern drücken die Betrüger nicht ununterbrochen auf den Spin-Knopf, sondern warten auf den richtigen Moment.