Schwule FussballerSchweizer Film bringt das Tabuthema ins Kino
«Mario» zeigt die Geschichte von zwei verliebten Fussballer-Kollegen. Regisseur Marcel Gisler sagt, warum der neue Schweizer Streifen brandaktuell, aber nicht bahnbrechend ist.
Max Hubacher spielt den schwulen Berner Profifussballer Mario, der sich in seinen Mannschaftskollegen verliebt. (Trailer: Frenetic Films)
Sie schwitzen, sie grätschen, sie fluchen, sie drohen. Fussballer sind harte Kerle und stehen für Männlichkeit. Für schwule Kicker dagegen hat es keinen Platz auf dem Rasen. Das war vor 20 Jahren so. Und ist es bis heute.
Der neue Schweizer Film «Mario» mit Schauspieler Max Hubacher (24), der am Samstag an den Solothurner Filmtagen Premiere feiert, greift die Problematik nun auf. Seine Story (siehe Box) hat jüngst neue Brisanz erhalten: Die heftigen Reaktionen auf das Coming-out eines Schweizer Spitzen-Schiris haben bewiesen, dass Homosexualität im Fussball nach wie vor ein Tabuthema ist – ein ungeahnt gutes Timing für Regisseur Marcel Gisler (57), das ist ihm bewusst. «Aber es war auch schon 2010, als wir mit den Drehbucharbeiten starteten, der richtige Zeitpunkt.»
Grosser Support von Fussballvereinen
Wie recherchiert man für einen Film, dessen Thema ein rotes Tuch ist? Entgegen seiner Erwartungen wurde Gisler in der Fussballszene mit offenen Armen empfangen. Die Young Boys und der FC Bern hätten ihn «enorm unterstützt», mit Trikots und Infrastruktur, aber auch mit Fachwissen zur Fussballrealität.
Eine Woche lang war der Filmschaffende mit den U21-Junioren des FC Bern unterwegs, hat sie begleitet, befragt, ihre Gestik beobachtet und den Unterhaltungen gelauscht. Klar, sei die sonst wahrscheinlich eher vulgäre Sprache in seiner Gegenwart gemässigter gewesen. «Da konnten mir andere Beteiligte wie Trainer weiterhelfen», sagt Gisler.
Ein wichtiger Informant und Gesprächspartner sei auch Marcus Urban gewesen, der einst gefeierte deutsche Spieler, der seine Neigung lange verschwiegen und sich am Ende wegen des Drucks gegen eine Profikarriere entschieden hatte. «Er las eine der ersten Drehbuchfassungen und hat uns auf die zu sanfte Sprache hingewiesen.»
Die teuerste Szene seines Lebens
Die Sprache war jedoch nicht die grösste Challenge. Für Gisler, der bislang wenig mit Fussball am Hut hatte, war es zum einen der sportliche Aspekt, der ihm viel abverlangte. «Den Fussball so professionell wie möglich auf die Leinwand zu bringen, davor hatte ich echt Bammel.» Zum anderen die aufwendigen Dreharbeiten im Hamburger Stadion von St. Pauli mit rund 30'000 Zuschauern. «Das war wohl auch die teuerste Szene, die ich je im Leben gedreht habe», sagt er lachend, ohne eine Zahl nennen zu wollen.
Geht es nach Gisler, soll der Film Leute zum Nachdenken anregen. Dass er in Sachen Toleranz einen Stein ins Rollen bringe, glaubt er dagegen nicht. «Da bin ich skeptisch», sagt er. «Ich denke nicht, dass sich dank des Films ein Fussballer outen wird.» Sein Werk sieht er als kleinen Schritt von vielen. Da hält er es wie im Fussball: Kein Einzelspieler ist so wichtig wie die Mannschaft.
«Mario» feiert am Samstag, 27. Januar, Premiere an den Solothurner Filmtagen. Am 22. Februar kommt er in die Kinos.
20 Minuten ist Medienpartner der Solothurner Filmtage.
Darum geht es im Drama «Mario»
Dem YB-Nachwuchstalent Mario (Max Hubacher) steht eine verheissungsvolle Profi-Karriere bevor, als ihm sein Gefühlsleben in die Quere kommt. Mannschaftskollege Leon (Aaron Altaras) verdreht ihm den Kopf, und die heimliche Liebe bleibt nicht lange unentdeckt – ein Kampf um unterdrückte Gefühle in einem homophoben Umfeld beginnt.