Live im HallenstadionDie Toten Hosen heizen Zürich so richtig ein
Die Toten Hosen haben am Freitagabend im Zürcher Hallenstadion gehalten, was sie ihren Fans versprochen haben: Eine einzige Massenekstase.
Seit 35 Jahren rocken sie durch die grossen Arenen, kleinere Clubs und enge Wohnzimmer: Sie sind laut, mal leise, albern und nachdenklich. Sie haben Abstürze und Drogeneskapaden hinter sich. Und wer sie aus seiner Jugend kennt, wird ihnen wohl nie ganz den Rücken kehren können. Die Toten Hosen aus Düsseldorf zählen zu den besten Live-Bands überhaupt, ein Ruf, dem sie erneut alle Ehre gemacht haben.
Bester Beweis für dieses Etikett lieferte der gestrige Freitagabend im ausverkauften Zürcher Hallenstadion. Nach «Urknall», dem ersten Song ihrer neusten Platte «Laune der Natur», klammert sich Campino (55), Gesicht und Stimme der Düsseldorfer Punkrocker, ans Mikro und verbrüdert sich im Namen des Fussballs sogleich mit seinem Schweizer Publikum: «1:0 gegen Nordirland, Freunde, das muss doch reichen. Nächstes Jahr fahren wir alle nach Russland an die WM!»
Wenigstens einer, der uns den Penalty-Entscheid vom Donnerstag nicht übel nimmt. Das verbale Schulterklopfen indes danken die Fans Campino mit lautem «Olé olé olé ola!», Jubel und fliegenden Bierbechern: Es dröhnt «Auswärtsspiel» über die Menge hinweg, das Hallenstadion beginnt zu kochen.
Schweiss und Pyros
Als dann nach ein paar Rocknummern die Stadion-Hymne «Liebeslied» erklingt, kann sich der Moshpit, die Menschentraube vor der Bühne, nicht mehr halten.
Es werden Pyros gezündet, roter Rauch hängt in der Luft und Campino ist bereits so auf Touren gekommen, wie man es von ihm erwartet: Nassgeschwitzt im Unterhemd, spitzbübisch grinsend und beim Gesang mit einer Wucht in der Stimme, dass es auch jene emporreist, die für den Freitagabend einen Sitzplatz ergattert haben.
«Und immer wieder sind es dieselben Lieder», singen die Toten Hosen in «Altes Fieber». Lieder, «die sich anfühlen als würde die Zeit still stehen». In diesen Zeilen liegt im Grunde auch das musikalische Vermächtnis der Deutschrocker: Sie schreiben Songs, die den Leuten unter die Haut gehen — ohne Verfallsdatum. Weder sind diese Stücke besonders cool, noch besonders peinlich. Dafür verdammt authentisch. An einem Live-Abend mit den Hosen sorgt diese Mischung für Ekstase.
Das Hosen-Wochenende
Das gelingt sowohl bei den erst kürzlich veröffentlichten Liedern wie «Wannsee» oder «Unter den Wolken». Aber natürlich vor allem bei den altbekannten Songs wie «Hier kommt Alex», «Bonnie & Clyde», oder das so hosentypische «Niemals einer Meinung». Dass, wenn eine Ballade im Hallenstadion angestimmt wird, zwischendurch mal ein paar hundert Feuerzeuge in die Luft gestreckt werden müssen, versteht sich hier von alleine. Es sind eben Abende wie diese.
35 Jahre nach ihrer Bandgründung und mit ihrem bereits zehnten Nummer-eins-Album «Laune der Natur» rocken die mittlerweile plus minus 50-jährigen Hosen weiter wie gehabt. In der Schweiz insgesamt noch zweimal: Am 11. November im Zürcher Hallenstadion und am 28. November in der St. Jakobshalle in Basel.