Schuldenkompromiss in USAAlle Augen auf die Tea Party
Vor der entscheidenden Abstimmung im US-Repräsentantenhaus über den Schuldenkompromiss gibt es derzeit nur ein Fragezeichen. Wie werden die Tea-Party-Anhänger abstimmen.
Wenige Stunden vor Ablauf der Frist für die drohende Pleite der USA haben die Spitzen von Demokraten und Republikanern im Kongress um Zustimmung für die vorläufige Einigung im Schuldenstreit geworben. Noch war unklar, ob es ihnen gelingt, bis zum Montagabend die benötigte Mehrheit zu organisieren. Der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Klaus Zimmermann bezeichnete den Entwurf als blosse Notlösung und erklärte, über einen verbindlichen Entschuldungsfahrplan Washingtons hinaus «brauchen die USA und die Eurozone eine gemeinsame Strategie.»
Die Zustimmung des Senats, in dem die Demokraten die Mehrheit haben, gilt als sicher. Im Repräsentantenhaus mit seiner republikanischen Mehrheit könnte es indes noch Debatten geben. Unklar ist auch, wie sich die 87 Abgeordneten verhalten, die der ultrakonservativen Tea Party zugerechnet werden.
Beobachter gingen jedoch davon aus, dass sowohl der Präsident des Repräsentantenhauses, John Boehner, als auch der Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, die erforderlichen Stimmen zusammenzubekommen. Bei den Demokraten wollte ausserdem Vizepräsident Joe Biden mit Gesprächen im Senat und im Repräsentantenhaus für den Gesetzentwurf werben.
Einigung nach wochenlangem Streit
Nach wochenlangem Streit hatten sich US-Präsident Barack Obama und die Parteispitzen im Kongress darauf verständigt, die Schuldengrenze anzuheben und so die drohende Zahlungsunfähigkeit der Regierung abzuwenden. Der Zwei-Stufen-Plan sieht den bisher bekannt gewordenen Eckpunkten zufolge eine Anhebung der Schuldengrenze um insgesamt mindestens 2,2 Billionen Dollar (1,5 Billionen Euro) sowie noch höhere Ausgabenkürzungen vor. Laut Obama drücken die Kürzungen die US-Staatsausgaben auf das niedrigste Niveau seit den 1950er Jahren.
In einem ersten Schritt sind die sofortige Anhebung des Schuldenlimits um fast eine Billion Dollar (694 Milliarden Euro) und etwas höhere Ausgabenkürzungen über zehn Jahre hinweg geplant. Steuererhöhungen, auf die Obama gedrungen hatte, sind nicht vorgesehen. Dafür reicht der Plan, wie von Obama angestrebt, über den Wahltermin Ende 2012 hinaus. Ein Kongressausschuss soll bis Ende November empfehlen, wo weitere mindestens 1,8 Billionen Dollar (1,25 Milliarden Euro) eingespart werden können.
Die Ausgabenkürzungen werden Tausende Bundesbehörden und Regierungsprogramme wie die Verwaltung der Nationalparks, die Steuerbehörde und das Arbeitsministerium betreffen. Zunächst nicht angetastet werden hingegen die Sozialversicherungen und die Krankenversicherung Medicare für alte Menschen. Auch das Programm zur Vergabe von Lebensmittelkarten und die Krankenversicherung Medicaid für Arme sollen ausgenommen werden.
Zimmermann sagte am Montag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dapd, die USA bräuchten «ein generelles Verbot der Neuverschuldung über die automatischen Stabilisatoren hinaus, die krisenbedingte staatliche Budgetdefizite verursachen». Vorbild könne hierbei die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sein, erklärte der Direktor des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA).